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Steven Soderberghs Update des Rat-Pack-Vehikels "Ocean's Eleven" hat mit der Vorlage nicht viel mehr gemein als den Willen zur Zerstreuung: Stars wie George Clooney, Brad Pitt oder Matt Damon rauben als betont coole Meisterdiebe Casinogeld - und Julia Roberts.
Von Dominik Kamalzadeh
Wien - Las Vegas ist nicht bloß die Stadt des Glücksspiels, sie ist vor allem eine Illusion, für die man bezahlen muss. Als Schauplatz für ein Caper-Movie, dem Genre des trickreich durchgeführten Raubüberfalls, ist sie daher wie geschaffen: Sie hat ungleich mehr Reize zu bieten als jede schnöde Bank, funktioniert aber nach einem ähnlichen Gesetz der Ausbeutung. In Ocean's Eleven , dem "Original" von Lewis Milestone (1960), waren die Gauner lauter Rat-Pack-Größen - Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Jr. -, die damals ohnehin fast schon zum Inventar von Las Vegas gehörten. Der Film kann zwar nicht allzu viele Fans für sich verbuchen, einer der wenigen ist dafür Martin Scorsese. Auch er sah ihn als Mittel, "um diese Typen für einen Film zusammenzubekommen, an einem Drehort, wo sie sich gerne aufhalten."
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Nun hat gerade der Stilist Steven Soderbergh ein Remake von Ocean's Eleven gedreht, und obwohl er spätestens seit Erin Brockovich und Traffic als kompetenter Regisseur für Großprojekte gilt, hat er sich noch mit keiner Arbeit derart weit in das Reich des Scheins, der geschmeidigen Oberflächen und lässig durchdeklinierten Scharaden, vorgewagt wie hier. Das Um und Auf dieses Genres, in dem es nicht zuletzt um (professionelles) Schauspiel geht, sind jedoch die Akteure. Soderbergh hat gleich ins Volle gegriffen und eine ganze Riege der momentan populärsten Stars verpflichtet: Allen voran steht George Clooney alias Danny Ocean, der gleich zu Beginn im Smoking das Gefängnis verlässt, als erstes Karten spielen geht - nur, um den nächsten Coup in die Wege zu leiten, der auf einen Tresor abzielt, in dem die Dollarmillionen von drei Casinos verwahrt werden.
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Clooney, Pitt, Damon, Gould, Cheadle
Zehn Komplizen will er rekrutieren, das dauert eine Weile, aber die Trägheit, die solch ausgedehnte Elaborationen zu eigen haben, überbrückt Soderbergh gekonnt durch lakonische Coolness, ein paar Gags oder auch mittels Rhythmisierung - den jazzigen Score liefert David Holmes -: Rusty Ryan (Brad Pitt, zurückhaltend), dem die Erklärung "because the house always wins" als Motivation genügt, ist der erste einer Serie, als verdichtete Szenenfolge angelegt, in der die Charakteristika der Figuren vorweggenommen werden. Distanzierte Spieler So wird der Youngster Linus (Matt Damon) beim Taschendiebstahl in der U-Bahn eingeführt und ein alter Gambler (Carl Reiner) beim Hunderennen geködert, einen Finanzier - 70er-Jahre-Heroe Elliot Gould als glamouröser Casinochef, mit Riesensonnenbrillen - gewinnt man hingegen mit dem Verweis auf den Schaden der Konkurrenz. Allen ist eine gelassene Distanz zu ihrem Metier eigen, die Planung des "Dings" gleicht mehr der Choreographie eines umfangreichen Spiels, in dem jedem zumindest ein taktisch wichtiger Zug zukommt.
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Andy Garcia, Carl Reiner
Die Suspense geht dabei in Ocean's Eleven nicht verloren, denn obwohl man in etwa den Ablauf des Raubes kennt, schleichen sich Spannungsmomente durch Unsicherheiten ein: Die wesentlichste Modifikation passiert dabei, als Oceans romantischer Plan hinter dem Plan aufgedeckt wird, gehört doch seine Frau Tess (Julia Roberts) mit zum Kapital des Casinobesitzers Benedict (Andy Garcia), das zurück gestohlen werden soll. Soderbergh hat eine sichere Hand für die unterschiedlichen, verzweigten Ebenen des Films, wobei die Szenen zwischen Clooney und Roberts eine nicht ganz so souveräne Neuauflage des Restaurantflirts aus Out of Sight sind, mit Screwball-Dialogen: "Does he make you laugh? - He doesn't make me cry." Der Überfall selbst wird als komplexes Täuschungsmanöver mit Zirkuseinlage, inklusive manipulierter Bilder, umgesetzt, eine Art Mission: Impossible , die jedoch vor allem auf das reibungslose Zusammenspiel eines Ensembles angewiesen ist. Die offene Frage ist ohnehin, wie man aus dem Tresor wieder ins Freie gelangt.
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"I'm bored", sagt Ocean ganz am Anfang, bevor er loslegt. Das ist fast ein selbstreflexiver Moment, gleicht Ocean's Eleven doch einer einzigen Zerstreuungsinitiative. Genau als solche hat Soderbergh den Film umgesetzt, die visuelle (Rück-)eroberung des alten Vegas im neuen, samt seiner Meisterdiebe, ist weder sehr nostalgisch, noch besonders ironisch - und ohne wahre Höhepunkte. Vielleicht ist der Film nicht viel mehr als eine Illusion, für die man (ganz gerne) bezahlt.
- oceanseleven-derfilm.de
- oceans11.warnerbros.com
- oceans11.clooneyworld.com
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11. 1. 2002)