Europa
Tschechische Regierung in Streit mit "Radio Free Europe"
Amerikanischer Sender soll aus Sicherheitsgründen vom Zentrum an den Stadtrand Prags umziehen - Direktor wehrt sich
Prag - Zwischen der tschechischen Regierung und dem in Prag
ansässigen amerikanischen Rundfunksender "Radio Free Europe / Radio
Liberty" (RFE/RL) ist ein Streit ausgebrochen. Das Kabinett des
sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Milos Zeman möchte, dass
RFE/RL seine Studios vom Prager Zentrum an den Stadtrand verlegt.
Begründet wird dies mit Sicherheitsgründen. Eine dementsprechende
Empfehlung hat auch der tschechische Sicherheitsrat formuliert. Der
Direktor des Rundfunksenders, Thomas Dine, warf den tschechischen
Behörden "Druckausübung" vor. Er verstehe dies als "Aufhebung" der einstigen Einladung der
Tschechischen Republik an RFE/RL, aus München nach Prag umzuziehen.
Derzeit befindet sich das Rundfunkgebäude in unmittelbarer Nähe des
Wenzelsplatzes. "Die Tschechen kannten die Risiken, die die
Stationierung des Rundfunksenders im Zentrum der Hauptstadt bringt.
Nach dem 11. September gibt es keinen sicheren Platz auf der Welt
mehr", wird Dine in der englischsprachigen Wochenzeitung "Prague
Post" zitiert. Im Interview deutete er an, dass er eventuellen Umzug
des Senders aus Tschechien in ein anderes Land erwägen würde.
"Keine Druckausübung"
Der tschechische Außenminister Jan Kavan wies die Vorwürfe zurück:
"Es handelt sich um keine Druckausübung. Der tschechischen Regierung
geht es um die Sicherheit sowohl der RFE/RL-Mitarbeiter als auch der
Bürger."
Die tschechische Regierung hat um den RFE/RL nach dem 11.
September mehrere Sicherheitsmassnahmen getroffen. Beispielsweise
wird das Gebäude, in dem einst das tschechoslowakischen Parlament
residierte, von von Soldaten und vier Panzerwagen bewacht und die
Auto-Fahrer müssen hier bestimmte Verkehrs-Beschränkungen
respektieren, wodurch sie nicht gerade begeistert sind. Schon im
Herbst hat das tschechische Verteidigungsministerium dem Sender
einige alternative Gebäude angeboten, allerdings hat es der RFE/RL
abgelehnt mit Begründung, dass keine der Stellen seinen Forderungen
entsprochen habe.
Kavan sprach sich gegenüber der Tageszeitung "Pravo" unterdessen
für weitere Verhandlungen mit RFE/RL über den Umzug aus, allerdings
rügte er den "Ton", den Rundfunkchef Dine in seinem Zeitungsinterview
gewählt habe.
Der amerikanische Sender zog im Juni 1995 aus München nach Prag
um, nachdem der amerikanische Kongress die Einladung des
tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel akzeptiert hatte. Für
den Aufenthalt in dem einstigen Parlamentsgebäude zahlt der Sender
eine symbolische Miete von einer Krone (0,0310 Euro) jährlich. Selbst
tragen muss RFE/RL die Betriebskosten, die jährlich etwa 80 Mill.
Kronen ausmachen. Havel selbst ist über die Umzugsüberlegungen nicht
begeistert. "Als ich es zu ersten Mal gehört habe, habe ich mich
leicht gewundert", meinte Havel. (APA)