Deutschland
Die Präambel des Berliner Koalitionsvertrages zwischen SPD und PDS
"Vergangenheit darf nicht auf Dauer die Zukunft beherrschen"
Berlin - SPD und PDS haben ihrer Berliner
Koalitionsvereinbarung eine für ein neues Regierungsbündnis
ungewöhnliche Präambel vorangestellt. Ausführlich wird darin auf das
DDR-Regime und die Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED
eingegangen. Auf die vielfach geforderte Entschuldigung der PDS für
den Mauerbau wird aber verzichtet. AFP dokumentiert die Präambel in
Wortlautauszügen: (...) "Die Koalition unterstreicht ihre Absicht, Politik für das
ganze Berlin zu gestalten. Sie will die unterschiedlichen Biografien
der Berlinerinnen und Berliner in der über Jahrzehnte geteilten Stadt
und die Ideen und Anschauungen derjenigen, die erst seit dem Fall der
Mauer in Berlin wohnen und arbeiten, zusammenführen und fruchtbar
machen. (...)
Zwölf Jahre nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit
bilden SPD und PDS in Berlin eine Koalition, wissend um die
zahlreichen Belastungen und Schicksale aus der Zeit der Teilung der
Stadt. (...) Die Mauer durch Berlin, das unmenschliche Grenzregime
mitten in Deutschland haben Familien und Freunde auseinander
gerissen. Wenn auch der Kalte Krieg von beiden Seiten geführt wurde,
die Verantwortung für dieses Leid lag ausschließlich bei den
Machthabern in Ost-Berlin und Moskau.
Die Erfahrung des Sieges des Faschismus über die gespaltene
Arbeiterbewegung führte in Teilen der Mitgliedschaft von SPD und KPD
nach 1945 zum Wunsch nach Vereinigung. Dieser Wunsch wurde
missbraucht zu einer Zwangsvereinigung. (...) Für die Verfolgung von
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und anderen Teilen der
demokratischen Opposition, für deren Inhaftierung unter
menschenunwürdigen Bedingungen bis hin zum Tod und für die
Hinrichtungen Andersdenkender trägt die SED eine bleibende Schuld.
Zusammen mit den damaligen Entscheidungsträgern in der Sowjetunion
ist die SED verantwortlich für die gewaltsame Niederschlagung des
Volksaufstandes in der DDR am 17. Juni 1953, den Mauerbau und
zahlreiche Menschenrechtsverletzungen, mithin für das Fehlen
grundlegender demokratischer und Freiheitsrechte in der DDR. (...)
Die Distanzierung der PDS von den Unrechtstaten der SED und dem
Mauerbau waren wichtige Schritte zur Aufarbeitung der unheilvollen
Geschichte der SED. (...) SPD und PDS bekennen sich im Wissen um das
Trennende aus der Geschichte dazu, dass die Vergangenheit nicht auf
Dauer die Zukunft beherrschen darf. Dies kann aber nur gelingen, wenn
nicht verdrängt und vertuscht wird." (APA)