Wirtschaft
Deutschland: Fast vier Millionen Arbeitslose
Regierung in Bedrängnis
Nürnberg/Berlin - Wegen der weiter steigenden
Arbeitslosenzahlen gerät die deutsche Regierung in der
Arbeitsmarktpolitik verstärkt unter Druck. Nach den am Mittwoch in
Nürnberg vorgelegten Zahlen blieb die Zahl der Erwerbslosen im
Dezember mit 3,964 Millionen nur knapp unter der
Vier-Millionen-Grenze. Die Opposition machte die Regierung für diesen
Anstieg verantwortlich. Die rot-grüne Koalition begründete die
Zunahme dagegen vor allem mit der lahmenden Weltkonjunktur. Alles in allem sei der Dezember "der schwache Abschluss eines
schwachen Jahres" gewesen, zog der Präsident der Bundesanstalt,
Bernhard Jagoda, Bilanz. Die Arbeitslosenquote lag im Dezember
bundesweit bei 9,6 Prozent. Hoffnung auf eine schnelle Besserung
machte Jagoda nicht: Im Jänner werde die Zahl der Arbeitslosen
voraussichtlich die Marke von vier Millionen überschreiten.
Riester trotzdem: SPD-Politik trägt zur Entlastung bei
Im Jahresdurchschnitt 2001 nahm die Zahl der Arbeitslosen
gegenüber dem Vorjahr noch leicht um 37.000 auf 3.851.600 ab.
Allerdings nahm sie im Jahresverlauf deutlich zu. Auch Jagoda machte
dafür vor allem die Abkühlung der Konjunktur verantwortlich.
Der deutsch Arbeitsminister Walter Riester (SPD) zeigte sich trotz
der ansteigenden Arbeitslosigkeit überzeugt, dass die Politik seiner
Regierung wesentlich zur Entlastung des Arbeitsmarktes beitrage. Zwar
seien die Arbeitslosenzahlen auf Grund der lahmenden Weltkonjunktur
und der zur Schwäche neigenden westdeutschen Wirtschaft gestiegen.
Doch im Herbst seien Entscheidungen getroffen worden, die nun mit
aller Kraft umgesetzt werden müssten.
Kritik kam von der Opposition, aus der Wirtschaft und von Gewerkschaften:
Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt erklärte, Reformen seien nun
dringender denn je zuvor erforderlich. Der Deutsche Gewerkschaftsbund
(DGB) betonte, die Wirtschaftspolitik in Deutschland und Europa müsse
jetzt handeln. Der IG Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel mahnte
zugleich, bei den notwendigen neuen Initiativen könne es nicht darum
gehen, hektisch neue Kombilohn-Modelle auf den Weg zu bringen.
Mainzer Modell
Die deutsche Regierung erwägt derzeit, das so genannte Mainzer
Modell zum Kombilohn bundesweit auszuweiten. Im Rahmen dieses
Programms können Arbeitnehmer mit einem geringen Bruttoeinkommen
Zuschüsse zu den Sozialbeiträgen und einen Zuschlag zum Kindergeld
bekommen. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums sagte am Mittwoch, die
Ausweitung des Programms werde weiter geprüft. Einen flächendeckenden
Einsatz des Kombilohns in allen Bundesländern befürwortete auch
Jagoda.(APA/AFP)