Argentinien
Regierung beantragt Aufhebung von Peso-Dollar-Bindung
Menem kritisiert Entscheidung - Duhalde will Parteiämter zurücklegen
Buenos Aires - Die neue argentinische Regierung hat beim
Parlament die Aufhebung der Bindung der Landeswährung Peso an den
Dollar beantragt. Der Wechselkurs des Peso zu ausländischen Währungen
solle neu festgelegt werden, hieß es in einem am Freitag dem
Parlament in Buenos Aires vorgelegten Gesetzesentwurf. Zuvor hatte
Präsident Eduardo Duhalde die Aufhebung der Peso-Dollar-Bindung
offiziell verkündet. Ex-Präsident Carlos Menem kritisierte in
Santiago de Chile diese Entscheidung der Regierung, während
Unternehmer die Rede Duhaldes lobten. Wie die argentinische Tageszeitung "La Nacion" im Internet
berichtete, kündigte Duhalde in seiner Rede auch an, dass er kommende
Woche auf alle seine Ämter in der peronistischen Partei verzichten
werde: "Meine Partei ist ausschließlich das Argentinien, für das ich
zwei Jahre arbeiten werde." Gleichzeitig habe er die Bürger
aufgerufen, die heimische Wirtschaft zu schützen, indem sie
argentinische Produkte kaufen.
Menem: Zwei Währungen werden entstehen
Menem kritisierte die Wirtschaftspolitik der neuen Regierung. "Wie
ich bereits früher gesagt habe, bin ich mit der Abwertung (des Peso,
Anm.) nicht einverstanden, die uns einen Inflationsprozess und eine
Reihe von Problemen bringen wird", sagte der peronistische Politiker
nach Angaben von "La Nacion". Menem sprach sich stattdessen für eine
"Vertiefung der Konvertibilität des Peso" bis hin zur Einführung des
Dollar als Währung in Argentinien aus. Die Abwertung werde zur
Schaffung zweier Währungen führen, des Dollar für die Mächtigen und
des Peso für die bedürftigeren Menschen.
Menem, der Argentinien von 1989 bis 1999 regiert hatte, wies jede
Verantwortung für die Wirtschaftskrise des Landes von sich. Seit dem
Ende seiner Amtszeit sei die Arbeitslosigkeit von damals zwölf
Prozent auf mittlerweile 20 Prozent gestiegen. Verantwortlich für die
Krise sei die Regierung des im Dezember zurückgetretenen Präsidenten
Fernando de la Rua. Der am Dienstag vom Parlament bis zum Dezember
2003 gewählte Präsident Duhalde war von 1989 bis 1991 Vizepräsident
unter Menem. Danach kam es aber wegen Menems ultraliberaler
Wirtschaftspolitik zu einem Zerwürfnis zwischen den beiden.
Allianz zwischen politischer Macht und Finanzmacht beenden
Jene 200 Unternehmer, vor denen Duhalde am Freitag in Buenos Aires
sprach, nahmen die Ankündigungen des neuen Präsidenten positiv auf.
Duhalde kündigt an, die Allianz zwischen der politischen Macht und
der Finanzmacht zu beenden und eine "Allianz mit der produzierenden
Gemeinschaft" zu bilden. Auffallend war jedoch, dass praktisch alle
Vertreter von Banken der Einladung von Duhalde in die Residencia de
Olivos nicht gefolgt waren. Der Vertreter des italienischen
Automobilunternehmens Fiat, Cristiano Ratazzi, bezeichnete die Rede
laut "La Nacion" als "gut". Positiv hätten sich auch Bauunternehmer
und Vertreter von Lebensmittelproduzenten geäußert.
Sondervollmachten für zwei Jahre beantragt
Mit einer Notstandsgesetzgebung will die neue argentinische
Regierung die Wirtschaft des tief verschuldeten Landes ankurbeln. In
einem Dringlichkeitsantrag, der am Freitagabend im Parlament
eingebracht wurde, forderte die Regierung für die Dauer ihrer
zweijährigen Amtszeit Sondervollmachten in den Bereichen der
Wirtschafts-, Finanz- und Geldpolitik.
Vorgesehen ist nicht nur die Aufhebung der Bindung des Peso an den
US-Dollar, die Regierung soll außerdem die Wechselkurse zu
"ausländischen Währungen" in Hinkunft jederzeit neu bestimmen können.
Das Notstandsgesetz sieht unter anderem neue Steuern auf Ölexporte
und Preisbindungen für bestimmte Waren wie pharmazeutische Produkte
vor, um die umfassende Abwertung der Landeswährung abzufedern.
Auf Dollar lautende Kredite und Rechnungen sollten eins zu eins
auf Peso umgestellt werden, sowie eine inflationsgebundene Steigerung
von Steuern, Zöllen und Krediten gesetzlich verboten werden. Die
Zentralbank soll das Recht erhalten, ausländische Währungen zu kaufen
und zu verkaufen und weiteres Geld auszugeben, heißt es im
Gesetzentwurf weiter. Im System der vor zehn Jahren eingeführten
Dollar-Bindung ist der Zentralbank die Ausgabe neues Geldes
untersagt.
(APA)