Als er auf umstrittene Art gewählt wurde, galt der Texaner George W. Bush als mittelmäßig schlauer Cowboy mit rüder Sprache, der bei Bedarf auf seine steinreichen Eltern zurückgreifen konnte. Seit dem Terror am 11. September 2001 ist das alles anders: Bush ist medial sakrosankt, hat höhere Zustimmungsraten als einst John F. Kennedy und wurde in den USA sogar zum meistbewunderten Mann der Welt gekürt. Der Heldenpräsident kann derzeit praktisch tun und lassen, was er will, US-Applaus ist ihm sicher, Kritiker haben Pause.

Man muss dem ehemaligen Provinzgouverneur tatsächlich zugute halten, dass Bush in seinem Kampf gegen den Terror bisher maßvoll vorgegangen ist. Der Bombenkrieg in Afghanistan ist gemessen an den vorhergegangenen 23 Kriegsjahren am Hindukusch relativ unblutig und sehr erfolgreich verlaufen. Aber nicht Bush prägte den Kampf gegen den Terrorismus, dieser Kampf prägte ihn; nun steht der Präsident im Zenit seiner Macht, viel mehr geht einfach nicht. Doch schon um die vorvorige Jahrhundertwende wusste der große katholische und liberale Wissenschafter John Lord Acton, dass "Macht korrumpiert, und absolute Macht korrumpiert absolut".

Die europäischen Hoffnungen, die Antiterrorallianz werde die Bush-Regierung zu einer Abkehr vom Unilateralismus bewegen, haben getrogen. Noch immer stemmen sich die USA gegen einen Internationalen Strafgerichtshof, blockieren das Klimaschutzabkommen von Kioto, haben den ABM-Abrüstungsvertrag einseitig gekündigt und sperren sich gegen europäische Versuche, den Vertrag gegen biologische Massenvernichtungswaffen auszubauen, da man sich in Washington nicht in eigene Waffenprogramme pfuschen lassen will. Diese amerikanische Politik, die auf der beinharten, egomanischen Durchsetzung eigener Interessen basiert, läuft europäischen Interessen klar entgegen. Doch Europa ist zu schwach, um sich zu wehren. (DER STANDARD, Print vom 4.1.2002)