EU
Anti-Atomplattform: "Nur noch grotesk"
PLAGE ortet bei Bartenstein Wandlung "vom Paulus zum Saulus" - Greenpeace: "Versagen"
Salzburg - Die Atompolitik der österreichischen
Bundesregierung bezeichnet die Salzburger Plattform gegen
Atomgefahren (PLAGE) als "nur noch grotesk". Es sei völlig neu, dass
Österreich erst jetzt auf einmal "Atomstrom aus Bohunice und Mochovce
importieren" dürfe: Das "durfte" Österreich auch bisher schon,
stellte PLAGE-Sprecher Heinz Stockinger, heute, Donnerstag, in einer
Aussendung fest. Es sei vielmehr eine bewusste Festlegung im Antiatom-Aktionsplan
der Bundesregierung von 1999 gewesen, die Einfuhr von Atomstrom
soweit wie möglich hintanzuhalten. Dies sollte zumindest gegenüber
Nicht-EU-Ländern gelten, wo zum einen die
EU-Strommarktliberalisierung noch nicht Platz gegriffen habe und die
zum anderen besonders viele Hochrisiko-Reaktoren aufweise, hieß es in
der Aussendung.
"Beamtenentscheidung"
"Wenn nun das Wirtschaftsministerium den Import von Strom aus
einem lange bekämpften AKW wie Mochovce und aus dem AKW Bohunice
'erlaubt', welches selbst nach Einschätzung von Experten der
internationalen Atomwirtschaft zu den Risiko reichsten in ganz Europa
gehört, so gibt die Bundesregierung schlicht und einfach wieder
einmal ein Stück ihres eigenen Antiatom-Aktionsplans auf",
kritisierte die PLAGE. Wenn dabei von einer "Beamtenentscheidung" die
Rede sei, sei es andererseits "völlig undenkbar", dass
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) vor einer derartigen
atompolitischen Weichenstellung nicht konsultiert worden sei.
"Bartenstein hat seine vorhergehende Funktion, die des
Umweltministers, völlig vergessen und verdrängt: als solcher hatte
gerade er den offiziellen Antiatom-Aktionsplan mitbeschlossen" ortet
PLAGE-Sprecher Stockinger eine Wandlung "vom Paulus zum Saulus". Die
FPÖ, allen voran Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, forderte er auf,
"diese Vorgangsweise im Ministerrat zur Sprache zu bringen, um sie
rückgängig zu machen."
Greenpeace: "Versagen"
Die Umweltorganisation Greenpeace wirft
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) "klares Versagen im Kampf
gegen unsichere Atomkraftwerke vor". Das Importverbot für Strom aus
der Slowakei, Slowenien, Polen und Ungarn aufzuheben sei "der Gipfel
der Scheinheiligkeit", meinte Geschäftsführer Bernhard Drumel
Donnerstag in einer Aussendung. "Das ist ein verfrühter Aprilscherz,
der alle Atom-Gegner für dumm verkauft".
Die Begründung für die Aufhebung der Stromimporte aus Mochovce,
Bohunice, Paks und Krsko sei laut e-control der Abschluss der
Energiekapitel mit diesen "ehemaligen" Beitrittskandidaten. Die
Regierung habe andauernd betont, dass der vorläufige Abschluss des
Energiekapitels irrelevant sei, meinte Drumel: "Sobald aber aus
wirtschaftlichen Interessen die Schleuse für Atomstrom-Importe nach
Österreich geöffnet werden soll, kommt ein abgeschlossenes
Energiekapitel plötzlich einem Beitritt gleich".
Eine kritische Stimme kommt auch neuerlich aus der FPÖ. Der
freiheitliche EU-Abgeordnete Hans Kronberger forderte
Wirtschaftsminister Bartenstein "dringend" auf, die Aufhebung der
Atomstromimporte zu überdenken "und damit den Schrottreaktoren rund
um Österreich eine Absage zu erteilen". Die nun gesetzte Maßnahme sei
"inakzeptabel"(APA)