International
Karsai über zunehmende Zahl ziviler Opfer besorgt
Chef der Übergangsregierung nach Washington eingeladen
Kabul/New York - Der Chef der afghanischen
Übergangsregierung, Hamid Karsai, ist über die zunehmende Zahl
ziviler Opfer bei US-Luftangriffen in seinem Land besorgt. Darüber
wolle er mit den USA reden, sagte der Premier im Gespräch mit der
"New York Times" (Donnerstag-Ausgabe). Er wolle, dass die
US-Streitkräfte in Afghanistan blieben, bis der Terrorismus beseitigt
sei. Er sorge sich aber über die wachsende Zahl von zivilen Opfern,
betonte Karsai. Beim jüngsten amerikanischen Luftangriff auf das Dorf Niazi Qala
in der Provinz Paktia am 30. Dezember sind insgesamt 107 Zivilisten
ums Leben gekommen. Kämpfer der El Kaida des Islamistenführers Osama
Bin Laden oder Taliban-Mitglieder hätten sich nicht in dem Dorf
aufgehalten, hieß es. Der afghanische Außenminister Abdullah Abdullah
hatte am Sonntag erklärt, die Übergangsregierung in Kabul stimme zu,
dass die USA ihre Luftangriffe auf Ziele in Afghanistan bis zur
Zerschlagung sämtlicher Terrorstrukturen fortsetzen.
Karsai-Besuch in Washington erwartet
Karsai wird im Februar zu Gesprächen
in Washington erwartet. US-Präsident George W. Bush habe Karsai
im vergangenen Monat eingeladen, verlautete nach Informationen der
"Washington Post" vom Donnerstag aus der Regierung. Das Weiße Haus
hat die Einladung noch nicht offiziell bekannt gegeben.
Der letzte US-Präsident, der einen afghanischen Staats- oder
Regierungschef empfangen hatte, war nach Angaben der "Washington
Post" John F. Kennedy, der 1963 ermordet wurde. Damals war
Mohammed Zahir Schah afghanischer König.
Karsai unterstützt den amerikanischen Militäreinsatz in seinem
Land und erklärte kürzlich, die US-Truppen seien so lange in
Afghanistan willkommen, bis alle Terrorstrukturen zerstört
seien. Zugleich drückte er seine Sorge über die zunehmende Zahl
ziviler Opfer bei Luftangriffen in seinem Land aus. Beim jüngsten
amerikanischen Bombardement des Dorfes Niazi Qala in der Provinz
Paktia am 30. Dezember sind insgesamt 107 Zivilisten ums Leben
gekommen.
Die Einsetzung des Paschtunen Karsai als Chef der
Übergangsregierung sei das Ergebnis eines Kompromisses zwischen dem
US-Geheimdienst CIA und der pakistanischen Armeeführung, analysierte
der pakistanische Afghanistan-Experte Kamran Khan. "Karsai ist
seit Jahren der Mann der CIA und des (pakistanischen
Militärgeheimdienstes) ISI." Karsai habe mehr Zeit in Pakistan
verbracht als in Afghanistan und bediene sich der englischen und
der Urdusprache öfter als des Paschtu, sagte Kamran Khan.
(APA/Reuters)