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foto: reuters/rossignol
Arsen war lange nicht als langsam wirkendes ("chronisches") Gift, wie es heute gefährlich wird, bekannt, sondern als eines, das rasch und insofern unauffällig zum Tode führte, als man im Opfer keine Spuren nachweisen konnte. In den Ränken der Renaissance wurde das Gift so häufig in Speisen und Getränke gemischt, dass viele Fürsten ihre Kinder durch Gewöhnung an kleine Dosen abhärten wollten.

In Österreich, wo das Mineral seit 1546 geschürft wurde - in Rotgülden im Lungau -, kam es als "Erbschleichergift" in breiten Gebrauch, halbe Dörfer wurden hinweggerafft, bis Ende des 18. Jahrhunderts Maria Theresia das Giftbuch einführte und Arsen in Vergiftungsopfern zugleich gerichtsmedizinisch nachweisbar wurde.

Geschürft wurde Arsen zunächst für die venezianische Glasindustrie, es wurde der Schmelze zum Reinigen beigemischt. Aber offenbar wurde auch davon gekostet, im Namen des Minerals steckt heute noch eine Wirkung: Arsen - aus dem griechischen "Arsenikos", zu Deutsch: "kühn, männlich" - fand Verwendung als Anabolikum und Aphrodisiakum.

Rosstäuscherei

Zunächst hat man damit Arbeitspferden, die zu schwach zum Fressen waren, Appetit und ein glänzendes Fell gemacht, auch die Rosstäuscherei profitierte davon. Dann sind auch die Pferdeknechte auf den Geschmack gekommen und haben in opferreichen Experimenten die optimale Tagesdosis ausgeschmeckt: "Ein Weizenkorn macht rot, ein Gerstenkorn macht tot."

Die erste bekannte chronische Vergiftung mit nicht mehr abschätzbaren Opferzahlen kam im 19. Jahrhundert mit einer anderen industriellen Verwendung von Arsen. Man färbte damit billige Tapeten ("Wiener Grün"), die in feuchten Wohnungen das Gift entließen. Das nährt bis heute eine Spekulation - die von Napoleons Tod an chronischer Arsenvergiftung: Auch sein letzter Verbannungsort soll mit "Wiener Grün" tapeziert gewesen sein. Und in den Haaren des Toten fand sich Arsen.

Industriell wird Arsen heute vor allem für Metalllegierungen und, hochrein, in der Halbleiterindustrie verwendet. Eine zeitweilige Nutzung als Herbizid hat zu regionalen Kontaminationen geführt. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 3.1.2001)