Die angespannte Lage bei einigenMuttergesellschaften wird 2002 voraussichtlich zu einerFlurbereinigung bei den deutschen Direktbanken führen. Mit demOnline-Broker Consors steht einer der drei großen deutschenMarktteilnehmer zum Verkauf, nachdem die Konzernmutter SchmidtBank imNovember nur durch eine Auffanggesellschaft vor dem Aus bewahrtwerden konnte. Die mehrheitlich zur Commerzbank gehörende Comdirectplant indes den Verkauf ihrer defizitären Aktivitäten in Frankreichund Italien. Analysten halten es darüber hinaus nicht für ausgeschlossen, dassComdirect wieder ganz unter das Dach der Commerzbank zurückgeholtwird. Auch die HypoVereinsbank könne mit der DAB Bank diesen Weggehen und damit zu einem Mehrkanal-Vertriebssystem kommen, wie es dieDeutsche Bank mit ihrem Online-Broker maxblue verfolge. Der anstehende Verkauf von Consors hat die deutschen GroßbankenAnalysten zufolge bereits in einen Interessenkonflikt gebracht, dervermutlich nicht leicht zu meistern sein wird: Einerseits seien diegroßen Geldhäuser Mitglieder des Rettungskonsortiums für dieSchmidtBank und müssten daher an einem möglichst hohen Verkaufspreisfür Consors interessiert sein. Andererseits wird aber unter anderemden Online-Töchtern von Commerzbank und HypoVereinsbank erheblichesEigeninteresse an einer preiswerten Übernahme zumindest derConsors-Kunden nachgesagt. Auch Deutsche-Bank-Vorstandsmitglied Hermann-Josef Lamberti hattekürzlich lediglich ein Interesse seines Hauses an der Infrastrukturvon Consors verneint, nicht aber an den Kunden. Die Entscheidung, denauf Grund des schwachen Marktumfeldes ohnehin angespannten deutschenDirektbankmarkt gegebenenfalls für einen ausländischen Bewerber zuöffnen, der nach Einschätzung von Analysten vermutlich den höchstenPreis bieten könne, werde den Banken ebenfalls schwer fallen, hießes. Angesichts dieser vertrackten Situation schossen dieSpekulationen über einen möglichen Consors-Käufer in den vergangenenWochen mächtig ins Kraut. Als Interessenten aus dem Ausland wurdenunter anderem das US-Haus Charles Schwab, BNP Paribas und derfranzösische Online-Broker Fimatex genannt. Die niederländischeING-Gruppe hat ein Interesse ebenso dementiert wie die als deutscherBewerber gehandelte Postbank. Der neue Chef der Consors-MutterSchmidtBank, Paul Wieandt, hatte gesagt, er strebe einen Verkauf desOnline-Brokers bis Ende März an. Der ursprünglich bis Jahresende vorgesehene Verkauf derComdirect-Aktivitäten in Frankreich und Italien war auch von derKonzern-Mutter Commerzbank betrieben worden. Ihr VorstandschefKlaus-Peter Müller hatte mehrfach deutlich gemacht, dass sich dieTochter von Teilen ihrer tief in den roten Zahlen steckendenAuslandsaktivitäten trennen müsse. Die Commerzbank, die weiterhin dieMehrheit an Comdirect hält, leidet selbst unter schwachen Erträgenbei gleichzeitig hohen Kosten und hat umfangreiche Sparmaßnahmenangekündigt. Comdirect hatte zuletzt bekannt gegeben, weiter mitmehreren Kaufinteressenten für die beiden Auslandseinheiten zuverhandeln. Aus Unternehmenskreisen hatte es dagegen geheißen, esgebe vermutlich keinen Käufer und die Einheiten würden möglicherweisegeschlossen. Angesichts der schwachen Konjunktur und der negativenAuswirkungen für die Märkte halten es Experten weiterhin für möglich,dass Commerzbank und HypoVereinsbank ihre Töchter wieder kompletteingliedern. "Es hat immer Stimmen gegeben, die reine Online-Brokerfür nicht überlebensfähig gehalten haben", sagte ein Analyst. "DieseEinschätzung verstärkt sich natürlich, wenn Kundenwachstum undOrdervolumen der Direktbanken wegen der schwachen Märkte niedrigsind." Es stelle sich die Frage, ob reine Online-Broker nicht zuanfällig für konjunkturelle Schwankungen und deren Auswirkungen aufdie Märkte seien. Hypovereinsbank-Chef Albrecht Schmidt hatte EndeNovember gesagt, für die DAB seien alle Optionen offen. In Fragekomme sowohl ein Zukauf als auch eine Wiedereingliederung oder dieSteigerung der Transaktionszahlen aus eigener Kraft. Anders als die anderen Großbanken setzte die Deutsche Bank beiihren Online-Aktivitäten von Anfang an auf eine integrierte Lösung.Ihre Plattform maxblue ist in den Konzern eingebunden. Das Institutsieht die Zukunft in einem Vertriebsmodell über verschiedene Kanäle,wie etwa Online- oder Filialgeschäft. (von Andreas Funke/Reuters)