Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: dpa/Roessler
Für fünf Prozent der Weltbevölkerung oder 303 Millionen Europäer wird der Euro am 1. Jänner 2002 gesetzliches Zahlungsmittel. Trotz der geringeren Einwohnerzahl ist die Wirtschaftsleistung in den USA wesentlich höher. Die 1:1-Parität zwischen Euro und US-Dollar liegt in weiter Ferne. Experten sehen den Euro bei 0,90 Dollar "fair bewertet". Der Schlüssel zur Stärkung liegt im Euroraum selbst. Wien - Die Eurozone stellt neben den USA und Japan das dritte große und wirtschaftlich potente Währungsgebiet der Welt dar. Gemessen an der Bevölkerungszahl ist die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) mit 303 Millionen Einwohnern bereits das größte unter ihnen. Hier leben um rund 25 Millionen Menschen mehr als in den USA und um rund 176 Millionen mehr als in Japan. Dennoch ist die Wirtschaftsleistung in den USA am höchsten. Im Jahr 2000 machte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den USA 10.709 Euro gegenüber 6553 Euro in der Eurozone und 5145 Euro in Japan aus. Damit ließe sich auch erklären, warum dem Dollar aus dem Euro bisher keine echte Konkurrenz als Welt-Leitwährung erwachsen ist und sich der Eurokurs seit Beginn nur allzu oft nach unten bewegt hat. Mit einem BIP pro Kopf von 22.360 "Kaufkraftstandards" (KKS) im Jahr 2000 ist die Eurozone zwar eine der reichsten Regionen der Welt, wenngleich das BIP pro Kopf deutlich niedriger ist als in den USA (34.880 KKS) und auch unter jenem in Japan (25.030 KKS) liegt. Dollaranteil steigt Auch sind Rendite-Nachteile und die schwächere Wachstumsdynamik in Europa dafür verantwortlich, dass es dem Euro in den ersten zwei Jahren (als Buchwährung) nicht gelungen ist, größere Bedeutung als Reservewährung zu erlangen. Der Dollar-anteil an den weltweiten Währungsreserven, die rund 1700 Milliarden Dollar betragen, ist nach den aktuellsten Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) für das Jahr 1999 um 0,5 Prozent auf 66,2 Prozent gestiegen. 1990 betrug der Dollaranteil noch 50,6 Prozent. Gleichzeitig nahm der Anteil der wichtigsten Euroraum-Währungen D-Mark, französischer Franc und holländischer Gulden an den Welt-Devisenreserven von 20,3 Prozent im Jahr 1990 auf 12,5 Prozent ab. Der Yen-Anteil fiel zwischen 1990 und 1999 von acht auf 5,1 Prozent. Experten erwarten auch für 2002 kein "brüllendes" Euro-jahr. Zwar rechnen die meisten Devisenfachleute mit einem leichten Auftrieb für den Eurokurs, wenn erst einmal das Bargeld eingeführt ist und die neue Währung "greifbar" wird. Dennoch: Die magische 1:1-Parität zwischen Euro und Dollar scheint in weiter Ferne. Springt die US-Konjunktur 2002 wie erwartet wieder an, dürfte der Eurokurs neuerlich einen Dämpfer erhalten. Sein Jahreshoch hatte der Euro bereits in den ersten Jännertagen 2001 mit Werten über 0,95 Dollar, stürzte aber bis Juli auf ein Jahrestief von 0,8400 Dollar ab. Nach einer deutlichen Erholung pendelte der Euro nun in den letzten Dezembertagen um die Marke von 0,88 Dollar. Im Mittelwert ihrer Prognosen hatten rund 80 Währungs-experten einen zu optimistischen Eurokurs von 0,99 zum Dollar für 2001 berechnet. Der Bank-Austria-Währungsspezialist Gerhard Winzer hält, wie andere Fachleute auch, den Euro mit 0,90 Dollar für "fair bewertet". Winzer erwartet auch 2002 keine nennenswerte Niveauverschiebung. Ausgelöst werden könnte ein "Run" in den Euro lediglich durch dauerhaft höhere Wirtschaftswachstumsraten in Europa als in den USA, sagen Experten. Der Grund dafür liegt in der generellen Ausrichtung der weltweit agierenden Investoren auf die relative Wachstumsdynamik von Volkswirtschaften. Der Schlüssel zur Stärkung des Euro-Außenwertes liegt damit in der Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Eurozone selbst, etwa bei Reformen der verkrusteten Arbeits- und Gütermärkte in der EU, sagen Ökonomen einhellig. Von den Wachstumsziffern her könnte die Eurozone 2002 die USA überholen, aber vermutlich eben nur im Jahr 2002. So schätzt die OECD in ihrer jüngsten November-Prognose für 2002 ein Wachstum in der Eurozone von 1,4 Prozent gegenüber 0,7 Prozent in den USA. Japan kämpft derzeit mit massiven wirtschaftlichen Problemen, die OECD rechnet für 2002 mit einem Schrumpfen des japanischen Bruttoinlandsproduktes um 0,7 Prozent. Hohe Arbeitslosigkeit Auch die Inflationsrate soll laut jüngsten Prognosen 2002 in der Eurozone geringer ausfallen als in den USA. Dafür ist die Arbeitslosenrate in der Eurozone gut doppelt so hoch wie in den USA. Ab 1. Jänner gelten also Euromünzen und Eurobanknoten in den zwölf Ländern der Eurozone. Das sind Belgien, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Finnland und Österreich. Großbritannien, Schweden und Dänemark sind EU-Mitglieder, aber (noch) nicht Mitglieder in der Europäischen Wirtschafts-und Währungsunion. In einigen Jahren dürften wohl auch Länder aus dem Kreis der 13 EU-Beitrittskandidaten - welche und wann, kann derzeit niemand beantworten - den Euro einführen. (miba, APA, Der Standard, Printausgabe, 31.12.2001)