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Zürich - Dem Zürcher Schauspielhaus läuft das Publikum davon, und das Geld ist knapp. Laut dem städtischen Kulturchef Josef Estermann haben sich die Zuschauerzahlen gegenüber der Vorsaison halbiert. Die übliche Auslastung von 70 Prozent an der Pfauenbühne sei eingebrochen. Alleine in den ersten zwei Monaten der neuen Saison wurde ein Defizit von einer Million Franken (9,33 Mill. S) eingefahren. Sollte dieser Negativtrend anhalten, wäre bis Ende der Spielzeit, der zweiten Marthalers, ein Minus von 3,5 Millionen Franken zu erwarten. Grund dafür, so Estermann, sei die chaotische erste Saison unter Marthaler: Mit zahlreichen Verschiebungen im Programm habe man das Stammpublikum verärgert. Kündigungen der Abonnements waren die Folge. Dies betrifft in erster Linie die Bühne am Pfauen. Im Schiffbau hingegen erreiche man problemlos die Auslastung von 60 bis 64 Prozent, die es braucht, um über die Runden zu kommen, erklärte der kaufmännische Direktor Marcel Müller. Müller, der das Schauspielhaus auf Mitte 2002 verlässt, ist aber überzeugt, dass er die Rechnung nicht mit Verlust, sondern budgetkonform abschließen werde. Handlungsbedarf Die Situation verlange sofortiges Handeln, sagte Estermann: Marthaler solle durch Coaching und hartes Marketing unterstützt werden. Er sei bereit, sich beraten zu lassen, erklärte Marthaler dazu, aber einschränken lasse er sich nicht. Dass die Verschiebungen schlecht waren, räumte aber auch Marthaler ein. Dies müsse sich ändern. Ziel der Sofortmaßnahmen ist laut Estermann denn auch ein pannenfreier Betrieb. Darüber, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, entscheidet der Verwaltungsrat am 13. Dezember. Christoph Marthaler müsse jemanden suchen, der das Haus zuverlässig führe, rät der ehemalige Intendant der Renommierbühne, Gerd Leo Kuck, seinem Nachfolger. Wenn Marthaler sich nicht selber darum kümmere, müsse er jemanden engagieren, der das für ihn macht, sagte Kuck, von 1992 bis 1999 finanziell erfolgreicher Intendant des Schauspielhauses, gegenüber der "SonntagsZeitung". Die Zeit eile: Wenn kein Geld hereinkomme, drohe dem Haus wie bereits 1991 der Konkurs. Es gehe also um die Zukunft des Schauspielhauses, nicht um eine Kritik an Marthaler, der ein wunderbarer Regisseur sei, sagte Kuck, aktueller Generalintendant an den Wuppertaler Bühnen. Frank Baumbauer, Intendant der Müncher Kammerspiele, überrascht die Finanzkrise in Zürich nicht: Man hätte gewusst, dass Marthaler kein Manager sei. Mit seinem Engagement als künstlerischem Direktor am Schauspielhaus hätte sich Zürich für die Kunst entschieden, nicht für einen Buchhalter. Deshalb dürfe man jetzt nicht erstaunt sein, dass Büroarbeit nicht eine seiner Qualitäten sei. (APA/sda)