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Montage: Archiv
München - Erika Fuchs war entsetzt, als sie vor 50 Jahren zum ersten Mal ein Comic-Heft sah. "Diese vielen Bilder und die Sprechblasen, das kam mir irgendwie so verworren vor", erinnert sich die promovierte Kunsthistorikerin. Aber dann hat sie die Geschichten von Micky Maus und Donald Duck schließlich 44 Jahre lang ins Deutsche übertragen. Sprüche wie "Dem Ingeniör ist nichts zu schwör" haben Erika Fuchs nicht nur bei Fans Kultstatus verschafft, sondern ihr etliche Literaturpreise eingebracht. Am 7. Dezember feiert die Grande Dame der deutschen Comic-Szene in München ihren 95. Geburtstag. Biographie Aufgewachsen in Hinterpommern, studierte die Tochter aus gutem Hause in Lausanne, München und London. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Ehefrau eines Heizungsfabrikanten und zweifache Mutter ihre Tätigkeit als Übersetzerin und bekam irgendwann das erste amerikanische Micky-Maus-Heft zur Übertragung in die Hand. "Ich sagte spontan, das geht nicht in Deutschland", erinnert sich Erika Fuchs. Erst allmählich packte sie das Vergnügen an der sprachlichen Tüftelei mit den kurzen Blasentexten. "An sich ist der amerikanische Text vollkommen unübersetzbar", sagt sie. Wortwitz und Anspielungen des Originals mussten durch eigene Kreationen ersetzt werden. Fuchs, sprachbegeistert und belesen in deutscher und angelsächsischer Literatur, war schließlich in ihrem Element. "Ich konnte aus dem Vollen schöpfen und jeden sprechen lassen, wie es mir Spaß macht." Zitate deutscher Dichter und Denker, flotte Jugendsprache und geschwollene Redensarten, Wortspiele und rhetorische Stilmittel - all das floss in die Fuchs'schen Sprechblasentexte ein. "Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns waschen und Gefahr", geloben Donalds Neffen Tick, Trick und Track frei nach Schiller. An anderer Stelle japsen sie: "Mir kreist der Hut! - Mein Gehirn käst! - Meins ist völlig verdunstet!" Und natürlich nicht zu vergessen Dagobert Ducks wonniglicher Ausruf beim täglichen Bad im Geldspeicher: "Es ist mir ein Hochgenuss, wie ein Seehund hineinzuspringen und wie ein Maulwurf darin herumzuwühlen und es in die Luft zu schmeißen, dass es mir auf die Glatze prasselt!" Neologismen Bei der lange verpönten "Peng-Bumm"-Sprache der Comics zog Fuchs ebenfalls alle Register. Sie schuf neue Ausdrücke wie "grübel, grübel" oder "seufz", griff aber auch auf Bewährtes zurück: "Klickeradoms!" Diese Wortschöpfung von Wilhelm Busch gibt bei Donald Duck das sehr spezielle Geräusch wieder, das entsteht, wenn eine mit Glühbirnen und Flaschen gefüllte Blechwanne zu Boden geworfen wird. Die Lautmalereien werden sogar noch ironisch kommentiert. Als Donald schnarcht "Sass! Zack! Schnorch! Gazong!", bemerkt einer seiner Neffen: "Reines Hochdeutsch ist das nicht." Generationen von Jugendlichen wuchsen mit der Fuchs-Sprache des auflagenstarken Micky-Maus-Magazins (Egmont Ehapa Verlag, Berlin) auf. Das hatte Folgen. Seit einiger Zeit verstecken sich Zitate aus den Comic-Geschichten sogar in der renommierten "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Zwei Kulturredakteure des Blattes bauen die Entenhausener Sprüche immer wieder in Überschriften und Bildtexte ein. Bis zu ihrem 89. Lebensjahr war die rüstige alte Dame Disneys deutsche Dichterin. Dann ließ ihr Augenlicht zu sehr nach. Erika Fuchs lacht: "Sonst würde ich es auch heute noch machen." Donaldisten allüberall wären begeistert - alles Liebe zum Geburtstag! (APA/red)