"Verbesserungsfähig." So beschreibt Sigurd Höllinger, Sektionschef im Bildungsministerium, die Zusammenarbeit zwischen den Unis und der heimischen Wirtschaft in der Biotechnologie-Forschung. Es fehle auf beiden Seiten an der Gesprächsbereitschaft. Im Zuge der Autonomie-Erweiterung der Hochschulen - Stichwort: Vollrechtsfähigkeit - soll nun ein Stolperstein aus dem Weg geräumt werden. Die Verwertung von Forschungsergebnissen funktioniere nicht, lautet die vielfach geäußerte Kritik aus dem Biotech-Bereich. Das Bildungsministerium will nun den Umgang mit Verwertungsrechten neu regeln. Bisher lagen die Rechte beim Bundesbediensteten. Der Bund verzichtete meist auf eine "Übernahme". An den Universitäten gingen etwaige Erlöse vorbei. Nach der neuen Regelung, die Mitte nächsten Jahres als Gesetz vorliegen soll, sind zwar auch die Rechte beim Forscher, er muss dies aber der Universitätsleitung melden, welche sie abkaufen kann. Sie übernimmt dafür die Patentierung und kümmert sich um die Verwertung. Höllinger: "Die Uni-Leitung muss aber noch eine gewisse Professionalität entwickeln, die ist heute noch nicht da." "Es wäre eine tolle Sache, wenn die Universitäten auf diese Art ihre Bonität verbessern", meint Georg Stingl, Leiter der Abteilung Immundermatologie am Wiener AKH. An den amerikanischen Universitäten sei dies durchaus selbstverständlich. Prinzipiell würde es jedem Institut "gut tun, ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen staatlicher und privater Finanzierung zu haben". Erstere schaffe natürlich eine völlige Unabhängigkeit, dafür sei sie sehr restriktiv, sagt Stingl: "Hier Mittel umzuschichten, geht kaum." Im Umfeld der Universitäten bedürfe es guter Patentanwälte. Stingl: "Ein Wissenschafter hat gelernt, zu forschen. Keiner ist noch nebenbei ein Superjurist." Einen Weg, die wissenschaftliche Unabhängigkeit zu bewahren, sieht Günther Bonn, Vorstand des Instituts für Analytische Chemie und Radiochemie der Universität Innsbruck, darin, den Forschern auch Geldquellen zur Verfügung zu stellen. "So können sie von sich aus ansuchen." Eine Möglichkeit für Grundlagenforscher biete der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF). Dessen Dotierung: 1,3 Milliarden Schilling. Weiters habe der Rat für Forschung und Technologieentwicklung, dem Bonn angehört, 777 Millionen Schilling für Infrastrukturmaßnahmen an den Unis genehmigt. Die Mittel sollen im Frühjahr fließen - vorausgesetzt die Uni-Reform ist weiter voran geschritten. Versuche, eine klare Linie zwischen Wirtschaftsinteressen und universitärer Forschung zu ziehen, gibt es in der Ärzteschaft. Johannes Huber, Gynäkologe am AKH und Vorsitzender der Bioethik-Kommission, hat ein "Offenlegungsprogramm" initiiert. In einem Schreiben fordern er und sieben seiner Kollegen alle deutschen Ordinarii auf, dass "jeder Hochschullehrer auf dem Gebiet der Frauenheilkunde, wenn er eine Empfehlung ausspricht, seine Kooperationen oder etwaige gesponserten Projekte offen legt". Prinzipiell gegen eine Zusammenarbeit ist Huber nicht: "Ich befürworte Kooperationen, weil sie im Interesse aller sind. Es muss aber Transparenz geben," sagt er. Es sei unschön zu wissen, dass jemand, der ein Präparat empfiehlt, gleichzeitig einen Beratervertrag mit einem Unternehmen hat, welches dieses Medikament herstellt oder vertreibt. Ob er mit seiner Aktion Erfolg haben wird, weiß Huber allerdings selbst noch nicht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30. 11. 2001)