Sichern Sie sich Ihre Stammzellen, solange es noch geht. Die Ihrer Kinder nämlich. So oder ähnlich preisen nun erste Unternehmen in Österreich einen neuen Service an: das Aufheben der Nabelschnur-Stammzellen gleich nach der Geburt. Vita 34 und Lifecord sind die ersten von international über einem Dutzend Firmen, die die computergesteuerte Tiefkühllagerung der rund 80 Milliliter Blut als "persönliche Apotheke fürs Leben" vermarkten. Um rund 20.000 Schilling (ca. 1500 Euro) übernimmt Lifecord zehn Jahre lang Lager- und Transportkosten (ab Geburtsklinik), bei Abschluss einer Merkur-Krankenversicherung für den Spross trägt diese die Kosten. Vita 34 nimmt 27.600 Schilling (ungefähr 2000 EURO) für 20 Jahre Depot. Die kleinen Zellen auf Lager, so verkünden die Anbieter, könnten eines Tages Großes gegen schwere Krankheiten ausrichten und bei Bedarf aufgetaut werden. Ob der je gegeben sein wird, ist offen. Zwar gelten Stammzellen - je nach Menschenbild - zu Recht als Reparaturprogramm oder Selbstheilungskraft. Sie schlummern in verschiedensten Geweben des Körpers, um irgendwann für funktionsuntüchtig gewordene Zellen einzuspringen. So erneuern sie etwa Leber, Haut oder Knorpel immer wieder. Diese Fähigkeit möchte sich die moderne Biomedizin zu Nutze machen. Könnte man Stammzellen, einmal entnommen, im Labor in ihrer Spezialisierung und danach zielgenau an den Einsatzort im Körper steuern, ließen sich so etwa Infarkt-Folgen oder Diabetes therapieren. Erste klinische Studien laufen. Aber ob sich diese Therapie durchsetzt und ob Ihr Kind tatsächlich eines Tages benötigt, was sich durchsetzt, bleibt abzuwarten. Für den Einsatz von Nabelschnur-Stammzellen spricht, dass ihre Entnahme "extrem einfach und ungefährlich" ist, wie Martin Imhof von der Wiener Unifrauenklinik sagt. Und die Identität ihrer genetischen Information mit jener des mutmaßlichen späteren Empfängers der aufbereiteten Stammzellen; Abstoßungen durch das Immunsystem bleiben also aus. Jedoch nicht alle Vorteile, die von den Anbietern der neuen Einlagerung im Stick- stofftank angepriesen werden, sind wissenschaftlich. So etwa behauptet Lifecord, Nabelschnur-Stammzellen seien keine embryonalen - wohl um über jeden ethischen Zweifel erhaben zu sein. Allein: Auch in der Nabelschnur finden sich - neben anderen - Embryozellen, allerdings keine, die von sich aus zu einem fertigen Menschenembryo würden. Derzeit beschränkt sich die Stammzelltherapie mit Nabelschnur-Material "auf die Ergänzung zur Knochenmarks- transplantation", sagt Johannes Huber, Gynäkologe und Nabelschnur-Forscher in Wien, also etwa zur Stärkung nach einer Chemotherapie, die die Stammzellen im Knochenmark zerstört. Die größten Erfolge im Einsatz seien bisher "allogen" gelungen, also durch eine Art allgemeine Nabelschnur-Bank im Gegensatz zur nun beworbenen individuellen ("autologen"). (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30. 11. 2001)