Es ist ziemlich schwer zu versuchen, Unerklärliches erklärbar zu machen", meint einer der Verteidiger. Er lässt es lieber. Stattdessen überreicht er Daniela (17) gleich nach ihrer Zeugeneinvernahme 50.000 Schilling. "Zählen Sie's nach. Ich hoffe, es nützt ihnen irgendwie", sagt der Anwalt. "Wie geht es Ihnen?", fragt der Richter - "Ich geh' nicht mehr allein außer Haus", erwidert Daniela. "Und ich kann nicht mehr schlafen." Die Darsteller in dem realen Horrorstreifen der achten Septembernacht sind Stefan (23) und Michi (22), schüchterne, brave Brüder aus gutem Hause. "Ich hab' normal ganz andere Werte", sagt Stefan . "Ich will helfen und Gutes tun." - "Die Situation ist entgleist", meint der Jüngere. Begonnen hat es mit einer Feier in der Wiener Innenstadt. Daniela ließ sich überreden, die Brüder noch auf ein Abschlussgetränk in Stefans Wohnung zu begleiten. Dort gingen mit dem Älteren, der halluzinogenes Wurzelwerk geraucht hatte, sadistische Fantasien durch. Er fesselte und knebelte das Mädchen und hielt es in der Toilette gefangen. Daniela musste in einer Ecke knien und um Erbarmen flehen. Stefan stopfte ihr einen Socken in den Mund. Als sie ihn herauswürgte, setzte er ihr ein Messer an. Der jüngere Bruder versuchte Stefan zunächst zu bremsen, dann verfiel auch er dem Drang, das schreiende und weinende Mädchen weiter zu quälen. Sie wurde auf den Boden gedrückt, ihre Augen mit Klebebändern zugepickt. Stefan zog ihr das T-Shirt hoch und stülpte ihr einen Müllsack über den Kopf. Nach drei Stunden Folter verfrachteten sie sie im Kofferraum des Autos und setzten sie im Wienerwald aus. "War da eine Portion Wahnsinn dabei?", fragt der Anwalt. - "Eine Portion? Ich dachte, jetzt sterbe ich", sagt Daniela. "Ich war nicht ich", entschuldigt sich Stefan. Die Brüder müssen für je ein Jahr ins Gefängnis. (Daniel Glattauer,DER STANDARD Print-Ausgabe 30.11.2001)