International
Taliban-Führung von ihren Truppen zunehmend isoliert
Nordallianz signalisiert Akzeptierung internationaler Friedenstruppe
Kabul/Washington - Die Anführer der
radikal-islamischen Taliban und der extremistischen El
Kaida-Organisation in Afghanistan sind aus der Sicht der USA
zunehmend von ihren Truppen isoliert.
Kommunikation funktioniert schlecht
Vielfach funktioniere die
Kommunikation der Kommandanten mit den Truppen schon nicht mehr,
sagte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums am Mittwoch. Der
US-Fernsehsender CBS berichtete, mehrere hochrangige
Taliban-Vertreter hätten sich nach Pakistan abgesetzt. Unterdessen
rief der geistliche Führer der Taliban, Mullah Mohammed Omar, seine
Kämpfer auf, die letzte verbliebene Bastion Kandahar bis zum Tode zu
verteidigen. Auf dem Petersberg bei Bonn ging die UNO-Konferenz über
die Zukunft Afghanistans weiter.
Motivation für die Taliban Truppen soll gebrochen werden
Die Taliban, die das Land fünf Jahre lang regierten, sind
inzwischen auf den Raum Kandahar zurückgedrängt. Ziel des
US-Einsatzes sei jetzt, die Ergreifung der führenden Personen, sagte
Konteradmiral John Stufflebeem, Sprecher des
US-Verteidigungsministeriums. "Wenn wir die Führung der Taliban
zerschlagen und die Führung der El Kaida brechen, dann gibt es
weniger Motivation für die Truppen, sich weiter loyal zu verhalten
und weiter zu kämpfen", sagte Stufflebeem, der dem US-Generalstab
angehört.
Rundfunkansprachen
Omar rief in einer Rundfunkansprache dazu auf, in Kandahar weiter
bis zum Tode zu kämpfen. Es sei nicht eine Frage der Stämme, sondern
eine Frage des Islams, erklärte Omar, den die USA verfolgen, weil er
dem Chef der El Kaida, Osama bin Laden, Unterschlupf gewährt haben
soll. Bin Laden wird von den USA für die Anschläge vom 11. September
verantwortlich gemacht.
Bin Laden nahe Jalalabad gesehen
Am Dienstag war nach US-Angaben ein Führungszentrum der Taliban
in der Nähe Kandahars getroffen worden. Die Sprecherin des
Verteidigungsministeriums, Victoria Clarke, sagte, einen Hinweis
darauf, dass sich hochrangige Taliban- oder gar Bin Laden dort
befunden hätten, gebe es nicht. In Islamabad sagte ein Sprecher des
ehemaligen Taliban-Botschafters Abdul Salam Saif, Mullah Omar sei
noch am Leben. Nach Talibanangaben befindet sich Bin Laden nicht in
dem Gebiet, dass noch von den Talban kontrolliert wird. Bin Laden
soll angeblich nahe der ostafghanischen Stadt Jalalabad gesehen
worden sein.
Mehrere Dutzend Gebirgsjäger eingeflogen
Zu den rund 800 in Afghanistan seit Montag stationierten
US-Marines seien mehrere Dutzend Gebirgsjäger eingeflogen worden,
teilte das US-Verteidigungsministerium mit. Der US-Sender CNN
berichtete, die Gebirgsjäger sollten den Flughafen von Mazar-i-Sharif
bewachen.
USA bestätigten den Tod eines US-Geheimagenten
In Mazar-i-Sharif haben die von den USA unterstützte Nordallianz
eigenen Angaben zufolge die Kontrolle über eine Festung wieder
erlangt. Bei der Revolte dort sind vermutlich 600 Kämpfer der El
Kaida ums Leben gekommen. Die Kämpfer hatten versucht, aus der
Festung auszubrechen. Die USA bestätigten den Tod eines
US-Geheimagenten in Afghanistan. Der Agent sei während der
Gefangenenrevolte ums Leben gekommen.
TAliban Geheimdienstchef möglicherweise zur Nordallianz übergelaufen
CBS berichtete indes, unter den Taliban-Abtrünnigen befände sich
der Chef des Militärgeheimdienstes und mindestens zwei Minister.
Einer der Minister habe gesagt, er habe die Nase voll von der dummen
und gefährlichen Art des Taliban-Oberhaupts Mullah Omar, berichtete
CBS. Aus US-Regierungskreisen verlautete, der Geheimdienstchef sei
möglicherweise zur Nordallianz übergelaufen.
Nordallianz will Friedenstruppe akzeptieren
Die Nordallianz signalisierte bei der Konferenz auf dem
Petersberg bei Bonn erstmals, sie würde eine internationale Truppe
zur Friedenssicherung in Afghanistan akzeptieren. Obwohl eine
afghanische Sicherheitstruppe bevorzugt werde, würde eine
multinationale Sicherheitstruppe positiv bewertet werden, sagte der
Außenminister der Nordallianz, Abdullah Abdullah, CNN.
Die Nordallianz hat bei den Verhandlungen in Bonn den Grundzügen
eines Mechanismus zur Machtteilung in Afghanistan mit den
Monarchisten zugestimmt, wie Konferenzteilnehmer mitteilten. Es habe
eine Einigung zu einem Übergangsrat gegeben, die Mechanismen seiner
Schaffung sollen am Donnerstag diskutiert werden. UNO-Generalsekretär
Kofi Annan hat unterdessen den bisherigen Verlauf der Bonner
Afghanistan-Konferenz begrüßt. Ziel der Konferenz ist eine
Übergangsregelung für Afghanistan zu finden, bis eine traditionelle
Versammlung der Stämme nach einigen Monaten das weitere Vorgehen bis
hin zu Wahlen in einigen Jahren festlegt.
(APA/Reuters)