Königswinter - In den Grundsatzfragen einer politischen Neuordnung in Afghanistan haben sich die vier Gruppierungen der Petersberg-Konferenz unter internationalem Druck rasch geeinigt. In Detailfragen gibt es aber noch unterschiedliche Auffassungen, wie am Mittwoch deutlich wurde. Einige Verhandlungspunkte wurden an den ersten beiden Konferenztagen noch nicht offiziell angesprochen, waren aber Thema der vielfachen informellen Gespräche auf den Gängen des Hotels Petersberg.
  1. Bildung eines Übergangsrates. Alle Parteien sind sich darin einig, ein Gremium zu bilden, das für eine befristete Zeit die Regierungsverantwortung übernimmt. Die in Kabul bisher allein regierende Nordallianz des 1996 von den Taliban gestürzten Präsidenten Burhanuddin Rabbani soll die Macht mit anderen Volksgruppen teilen - in der Nordallianz dominieren Afghanen tadschikischer und usbekischer Abstammung, während die größte ethnische Gruppe, die Paschtunen, kaum vertreten sind.

  2. Leitung des Übergangsrates. Hier zeichnet sich eine Übereinstimmung ab, dem früheren König Mohammed Zahir Schah eine repräsentative Leitungsfunktion zu übertragen. Der 87-jährige wird auch von westlichen Beobachterstaaten der Konferenz unterstützt. Allerdings schränkte die Nordallianz am Mittwoch ein, dass die Frage nach einer Rolle für den Exkönig von einer Großen Ratsversammlung (Loja Dschirga) entschieden werden sollte.

  3. Zusammensetzung des Übergangsrates. Diese Frage wurde bisher offenbar erst ansatzweise diskutiert. Die Sitzverteilung für die einzelnen Parteien war nach UNO-Angaben bisher noch kein Thema der Beratungen.

  4. Einberufung einer Großen Ratsversammlung (Loja Dschirga). Alle Parteien sind sich darin einig, dass dieses traditionelle Forum von Vertretern aller Bevölkerungsgruppen die entscheidende Rolle bei den weiteren Schritten im politischen Prozess haben soll.

  5. Verfassung. Zu den mittelfristigen Zielen gehört eine neue Verfassung für Afghanistan, die sich nach UNO-Angaben an den Leitlinien Menschenrechte, Achtung von Minderheitenrechten, Mitwirkung der Frauen am sozialen und politischen Leben sowie Pluralismus orientieren soll.

  6. Allgemeine Wahlen. Nach etwa drei Jahren sollen allgemeine Wahlen die Bildung einer stabilen und legitimen Regierung ermöglichen. Dies wird auch von der Nordallianz befürwortet.

  7. Sicherheitsfragen. Keine einheitliche Meinung gibt es in der Frage einer militärischen Absicherung des politischen Prozesses. Die Nordallianz lehnt die Stationierung einer multinationalen Friedenstruppe mit UNO-Mandat ab, wie sie von den Vereinten Nationen ins Gespräch gebracht wurde. Dies wird damit begründet, dass die Truppen der Nordallianz ausreichend für Sicherheit sorgen könnten. In den anderen Delegationen gibt es dem Vernehmen nach Zustimmung zu einer internationalen Friedenstruppe, die allein von islamischen Ländern wie Indonesien oder Bangladesch gestellt wird. (APA/AP)