Wirtschaft
Streit um mögliche Sondererlaubnis für Liberty
Privatsender rebellieren gegen den Vorstoß
Frankfurt - Der Vorstoß Niedersachsens, den Einstieg des
US-Konzerns Liberty in das deutsche Kabelnetz am Wettbewerbsrecht
vorbei zu ermöglichen, wird von den deutschen TV-Sendern strikt
abgelehnt. Das Geschacher um Firmenstandorte und mögliche
Arbeitsplätze scheine bei einigen politischen Instanzen jeden Respekt
vor dem Bundeskartellamt ausgehebelt zu haben, erklärte der Verband
Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) am Mittwoch in Bonn.
Auch die ARD ist gegen den Einstieg des US-Unternehmens in den
deutschen Kabelmarkt.
Wettbewerbshüter befürchten Privilegierung eingener Angebote
Kartellamtschef Ulf Böge hatte am Dienstag Bedenken gegen den
Verkauf großer Teile des Telekom-Kabelnetzes an Liberty angemeldet,
weil sich der amerikanische Konzern gleichzeitig an dem Bezahlsender
Premiere beteiligen will. Die Wettbewerbshüter sehen ebenso wie die
Landesmedienanstalten die Gefahr, dass Liberty die eigenen
Programmangebote bei der Einspeisung ins Kabelnetz privilegieren
könnte.
Das US-Unternehmen könnte einziger Vermarkter für Pay-TV und in
seinen eigenen Netzen auch der einzige Vermarkter für Free-TV werden.
Auch über die Empfangsgeräte hätte Liberty die Möglichkeit, die
Einspeisung aller anderen TV-Sender zu beschränken.
Ministerin für Sondergenehmigung
Dagegen sprach sich die niedersächsische Wirtschaftsministerin
Susanne Knorre für eine Sondergenehmigung für Liberty aus. Das
Engagement des Unternehmens sei unabdingbar. "Wir würden sonst die
Chance verschenken, das Kabel zum Multimedianetz mit Internetzugang
und später sogar zum Telefonanschluss zu entwickeln", sagte Knorre
der "Süddeutschen Zeitung". Nach Jahren sei endlich
ein Investor gefunden, der Milliarden in den Ausbau des Netzes
stecken wolle, und dann erhöben die Fernsehsender "großes Geschrei".
Man dürfe Liberty aber "nicht dem Medienkartell zum Fraß vorwerfen",
sagte die Ministerin.
Eine Sprecherin des deutschen Wirtschaftsministeriums in Berlin
sagte, zunächst einmal müsse das Kartellamt eine Entscheidung fällen.
Vorher werde man sich zu der Auseinandersetzung nicht äußern. Dem
Vernehmen nach wird das Bundeskartellamt im Jänner bekannt geben, ob
es das Kabelgeschäft billigt oder nicht. Für das bisher der Deutschen
Telekom gehörende Netz will Liberty elf Mrd. DM (5,6 Mrd. Euro/77,4
Mrd. S) zahlen. (APA)