Madrid/Moskau/Rom/Paris - Zur am Dienstag eröffneten Afghanistan-Konferenz bei Bonn schreibt die spanische Zeitung "El Mundo" (Madrid): "Die Nordallianz ist über die Präsenz ausländischer Soldaten in Afghanistan wenig begeistert, auch wenn es sich dabei um Moslems handelt. Sie wird aber einlenken müssen, damit die UN die versprochenen Hilfen freigibt. Das Hauptproblem wird die Vertretung der Taliban und der ihnen nahe stehenden Stämme in der neuen Regierung sein. Ein weiteres Hindernis ist die Haltung der "Kriegsherren", die am Verhandlungstisch nicht das verlieren wollen, was sie auf dem Schlachtfeld gewonnen haben. Das Ende des Krieges scheint nur noch eine Frage von Wochen zu sein. Aber um die Konferenz bei Bonn sieht es weniger gut aus. Sie läuft Gefahr, zu einem totalen Fiasko zu werden." Die russische Tageszeitung "Iswestija" (Moskau) hegt wenig Hoffnung auf einen Erfolg der Bonner Afghanistan-Gespräche: "Noch herrscht Frieden in Kabul, was äußerst selten ist. Denn die Afghanen lieben das Herrschen so sehr wie das Geld. Die Vereinten Nationen haben die Konfliktparteien an einen Verhandlungstisch gebracht, bevor ein neuer Krieg um die Macht im Land ausbricht. Doch die Erfahrung hat gezeigt, dass Abkommen in Afghanistan selten eingehalten werden. Seit dem Abzug der Sowjetarmee 1989 gab es mindestens fünf Regierungsvereinbarungen. Manche hielten einige Tage, andere wenige Monate. Die wichtigste Aufgabe wird sein, die nationalen Minderheiten wie Tadschiken und Usbeken mit der Bevölkerungsmehrheit der Paschtunen zu versöhnen. Vielen Kommandanten der siegreichen Nordallianz wird es schwerfallen, die Macht in ihren Provinzen wieder abzugeben." Die römische Tageszeitung "La Repubblica" schreibt am Dienstag über die neue Rolle von US-Präsident George W. Bush: "Aus der Asche von Manhattan und aus dem Staub Afghanistans ist die "imperiale Präsidentschaft" wiederauferstanden, die mit (dem früheren US-Präsidenten Bill) Clinton und dem Kalten Krieg begraben zu sein schien, und es kehrt zurück der bewaffnete Arm des Imperiums, die Marines. Wie Roboter-Soldaten aus der Zukunft sind sie in Kandahar gelandet, unter den Augen der barfüßigen Kinder, der verschleierten Frauen und der zerlumpten Krieger. ... Unter der Befehlsgewalt eines Präsidenten, der machen kann was er will, wann er will, wie er will und der sogar dem Irak ein Ultimatum stellen kann, mit der Drohung eines Angriffes und einer Ausweitung des Konflikts über jedes Limit, das für die Koalition akzeptabel ist." Die Pariser Tageszeitung "Libération" kommentiert den Vormarsch der US-Soldaten in Afghanistan: "Der Süden Afghanistans ist ein Minenfeld - in einem ganz realen und im übertragenen Sinne. Es wird tote US-Soldaten geben, vielleicht sogar viele. Denn auf der anderen Seite stehen Männer, die den Slogan 'Es lebe der Tod' ernst nehmen. Sie sind in den Straßen von Kandahar und in den Bergen rundherum zu Hause. Sie werden die Zivilbevölkerung vor Ort als Geiseln nehmen. Sie werden die Hölle auf Erden einrichten, um die Hoffnung auf den Eintritt ins Paradies zu nähren. Wenn nicht ein Wunder Allahs sie dazu bewegt, die Waffen niederzulegen." (APA/dpa/AFP)