International
Aufteilung der zugesagten Zahlung offen
Expertengruppe soll Vorschläge erarbeiten - Haider: "Sehr freundlich und konstruktiv" - Muzicant: "Rechtsstreit um Restitution beenden"
Wien - Die Aufteilung der am Montag als Größenordnung einer Entschädigung
der Länder an die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) fixierten 250
Millionen Schilling (18,2 Mill. Euro) muss erst fixiert werden,
berichteten der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (V)
als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz und IKG-Präsident
Ariel Muzicant nach der Gesprächsrunde am Montag. Eine Expertengruppe
soll die Details eines entsprechenden Vertrages aushandeln.
Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) hatte vor dem
Gespräch noch davon gesprochen, dass Österreich bereits genug gezahlt
habe und es daher keine Zahlungen geben werde. Diese Aussage stehe
aber nicht im Widerspruch zum Ergebnis des Gesprächs, so Haider zur
APA. Ihm sei es lediglich darum gegangen, dass nicht einfach
irgendein Betrag festgesetzt werde, sondern Restitutionen auf
konkreten Entschädigungen beruhen müssten. Haider: "Das, was ich
nicht akzeptiere, ist, wir einigen uns auf irgend eine Summe, wo wir
etwas zahlen müssen."
"Freundlich und konstruktiv"
Die Atmosphäre des Gesprächs bezeichnete Haider als "sehr
freundlich und konstruktiv". Und weiter: "Wir sind einander wie
normale Menschen begegnet."
Neben der Einigung auf die Größenordnung für die finanzielle
Entschädigung nannte Pröll noch zwei weitere Inhalte des Gesprächs.
Zum einen seien sich die Verhandlungspartner einig gewesen, dass eine
breit verständliche Präsentation des Endberichts der
Historikerkommission im Interesse aller Beteiligten sei. Ebenso liege
die angestrebte Rechtssicherheit für die Bundesländer im gemeinsamen
Interesse, damit wir dann "letztendlich ohne Belastung in dieser
Republik weiter arbeiten können".
Muzicant sagte, diese anderen Themen seien "einstimmig und
schnell" erledigt worden. Aus seiner Sicht habe es zwei Ziele
gegeben: Eine Ende der Auseinandersetzungen vor Gericht und einen
"deutlichen Schritt in Richtung Aufarbeitung der Vergangenheit".
Insgesamt handle es sich um eine "Geste", darin sei er sich mit Pröll
einig: "Wir wollen gemeinsam mit diesem Maßnahmenpaket den
Rechtsstreit um Restitution beenden."
Muzicant: zweiter Vertrag mit Bund
Zum Materiellen sagte der IKG-Präsident, es gebe neben den 250
Mill. S der Länder "noch einen zweiten Vertrag, der mit dem Bund
verhandelt wird, und es gibt dann eine Gesamtrechnung". Auch mit dem
Bund gebe es ein "weitestgehendes Einverständnis".
Die Position des Bundes umschrieb Muzicant wie folgt: "Der Bund
hat seine Verpflichtung, was Restitution betrifft, im
Entschädigungsfondsgesetz erledigt. Es kommt also nicht zu einer
Aufschnürung des Entschädigungsfondsgesetzes, was mehr Geld
betrifft." Vielmehr solle eine Diskussion darüber geführt werden, wie
weit es der jetzigen jüdischen Gemeinde zumutbar sei, Kosten für
Infrastruktur zu tragen, die auf eine größere Gemeinde zugeschnitten
seien und ob diese nicht eine Zeit lang vom Bund übernommen werden
könnten. Dabei handle es sich um Leistungen, "die nicht die Norm sind
für eine Religionsgemeinschaft", so Muzicant.
Rieder begrüßt Ergebnis
Der Wiener Finanzstadtrat Sepp Rieder (S), der an der
Verhandlungsrunde über die Entschädigung für Gemeindevermögen in
Vertretung von Bürgermeister Michael Häupl (S) teil genommen hat,
begrüßte in einer Aussendung das Ergebnis: "Aufgrund der
Gesprächsrunde von Montag stehen die Chancen außerordentlich gut,
dass auch die letzten Hürden in der Restitutionsfrage noch heuer
genommen werden." Dies sei sowohl im Interesse der Opfer, die endlich
entschädigt werden sollen, als auch im Interesse der
Rechtssicherheit. "Vor allem verhindert die Lösung der offenen
Fragen, dass ein dahinschwelender Konflikt in der Restitutionsfrage
einen Keil in die Bevölkerung treibt."
Rieder berichtete, Wien habe in den vergangenen fünf Jahren
einschließlich der 35 Mill. US-Dollar für den Restitutionsfonds rund
1,3 Mrd. Schilling für jüdische Einrichtungen aufgebracht, die
Schiedsinstanz nach dem Entschädigungsfondsgesetz für die Rückgabe
von öffentlichem Vermögen für sich anerkannt und die für die
Kunstrückgabe erforderlichen Maßnahmen getroffen. (APA)