Inland
Offizier führt Tiroler FP
Willi Tilg erhielt nach einer turbulenten Kandidatenpräsentation 71,9 Prozent der Stimmen
Mit tatkräftiger Unterstützung der Bundespartei ist der Bundesheeroffizier und FP-Landtagsabgeordnete Wilfried Tilg am
Sonntag zum Obmann der Tiroler Freiheitlichen gewählt worden. Tilg erhielt nach einer turbulenten
Kandidatenpräsentation 71,9 Prozent der Delegiertenstimmen. Beachtliche 21,3 Prozent entfielen auf den früheren
Stadtrat von Kufstein, Simon Hermann Huber, der sich erst vergangene Woche für eine Gegenkandidatur entschieden
hatte.
Mit dem 44-jährigen Tilg kommt nach nur 20 Monaten wieder ein Profipolitiker an die Spitze der Landesorganisation.
Tilgs Vorgänger, der als "Sonntagsbäcker" bekannt gewordene Quereinsteiger Christian Eberharter, ist im Oktober nach
monatelangen Turbulenzen aus der FPÖ ausgeschlossen worden.
Der neue Obmann hat jahrelange Erfahrung als Gemeindepolitiker in Hall. Er saß bis 1998 14 Jahre lang im Gemeinderat
und ist seit 1999 Stadtrat. Zuletzt fiel er in der Stadt als kulturpolitischer Scharfmacher auf: Tilg hat vehement für eine
Ablöse des Direktors der international beachteten Kunsthalle Tirol Stimmung gemacht. Tilg versprach "Erneuerung",
ohne poltische Akzente zu setzen.
Appelle zur Einheit
Trotz eindringlicher Appelle zur Geschlossenheit durch Bundesobfrau Susanne Riess-Passer gab es gegen Ende des
Parteitages einen Eklat bei der Präsentation der Kandidaten. Huber, der sich im Vorfeld kritisch zum Ausschluss
Eberharters geäußert hatte, musste auf Anordnung des Parteitagsvorsitzenden Siegfried Dillersberger seine Rede für
mehrere Minuten unterbrechen, nachdem er zuvor in einem Rundumschlag Tilg "als guten Parteisoldaten" und als "nur
dritte Wahl" bezeichnet hatte.
Der Parteitag war vor allem von zahlreichen Appellen zur Geschlossenheit der Landesorganisation durch die
Bundesobfrau und die FP-Landesspitze gekennzeichnet. "Wir haben uns über die zerstrittene Tiroler ÖVP lustig
gemacht, aber allzu viel Hochmut ist nicht am Platz", sagte Bundesobfrau Riess-Passer. "Karrieresüchtige" seien bei der
FPÖ fehl am Platz. "Heute, hier und jetzt muss ein für alle Mal Schluss sei mit persönlichen Egoismen", sprach eine sehr
emotionale Vizekanzlerin.
Riess-Passer hatte versucht, mit einer klaren Wahlempfehlung für Tilg einen zweiten Betriebsunfall zu verhindern:
Eberharter war im Mai des Vorjahres gegen die Empfehlung des Präsidiums zum Obmann gewählt worden. Mit dem
Exobmann hatte zuvor der langjährige Tiroler FP-Spitzenpolitiker Siegfried Dillersberger abgerechnet. Ein
"machtbesessener Intrigant" hätte die Partei in "mindestens zwei Lager" gespalten.
Antitransitveto
Die Vizekanzlerin hat sich in ihren poltischen Ausführungen unter anderem hinter den jüngsten Appell des Tiroler
Landtages für eine Vetodrohung in der Transitfrage gestellt. "Ich möchte der Landesorganisation für die Initiative danken"
, sagte sie. Wie berichtet, hatte der Landtag die Bundesregierung einstimmig aufgefordert, das Verkehrskapitel bei den
Verhandlungen zur EU-Osterweiterung so lange nicht abzuschließen, bis für den alpenquerenden Transit nach Auslaufen
des Transitvertrages 2003 eine "nachhaltige europäische Lösung" nach den Grundsätzen des EU-Weissbuches gefunden
worden sei. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 26.11.2001)