Ist Afghanistan "das Land, wo man nie ankommt"? Französische Medien wenden das Bonmot des Schriftstellers André Dhôtel derzeit mit bitterem Sarkasmus auf die eigenen Militärs an. Eine Vorhut von 58 Fallschirmjägern ist in Usbekistan blockiert; weitere 250 Soldaten warten an der afghanischen Grenze, um endlich in Mazar-e Sharif stationiert zu werden.

Nicht gerade viel für eine Nation, die dank der nuklearen Force de Frappe zu den führenden Militärmächten gehören will. In Paris mehrt sich Kritik am "lächerlichen" Truppeneinsatz. Libération hält das "improvisierte" Truppenengagement für "eher komisch als tragisch", und Le Figaro stellt darüber hinaus die Frage nach den "französischen Ambitionen" in der Region - während England sich militärisch stark engagiere und Deutschland eine Afghanistan-Konferenz in Berlin organisiere.

Staatschef Jacques Chirac hat mittlerweile ein halbes Dutzend Mirage-Kampfflugzeuge in die Krisenregion abbeordert; eine Lander- laubnis in Tadschikistan und Kirgisien liegt allerdings noch nicht vor. Premier Lionel Jospin kündigte seinerseits an, der nukleare Flugzeug- träger "Charles de Gaulle" werde "Mitte Dezember" mit starker Eskorte Richtung Indischer Ozean in See stechen.

Der "Charles de Gaulle", der bisher hauptsächlich durch peinliche Materialpannen in Erscheinung getreten war, befindet sich nach einjährigen Reparaturen noch bis Ende Monat auf Testfahrt. Der französische Militärexperte François Heisbourg zieht allerdings in Zweifel, ob die mitgeführten Flugzeuge "überhaupt in Afghanistan eingesetzt werden können". Offizielles Ziel der Operation ist ohnehin nur, in Absprache mit dem US-Kommando das Entweichen von Terroristen um Osama Bin Laden auf dem Seeweg zu verhindern.

Prominente Politiker rügen das französische Verhalten rund um Afghanistan trotzdem mit harten Worten. Ex-außenminister Hervé de Charette sprach von einer "Demütigung": Französische Truppen kämen erst "nach erfolgter Schlacht" und seien dazu verurteilt, "Verkehrspolizei auf einem Flughafen" zu spielen. Die Rechtsopposition wirft Jospin generell vor, jegliche Parlamentsabstimmung zu verhindern, um die Differenzen mit den Grünen und den Kommunisten nicht aufbrechen zu lassen. Der liberale Präsidentschaftskandidat Alain Madelin beschuldigt Präsident Chirac und Premier Jospin gar, mit ihrer privaten Kohabitations-Fehde die Interessen Frankreichs zu vernachlässigen und zu dem Debakel beizutragen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25.11.2001)