Panorama
Sexualkundeseiten aus Schulbüchern gerissen
Bayerische Nonnen müssen Lehrtätigkeit einstellen
München - Zensierter Biologieunterricht und bedenkliche Verbindungen zu Sekten -
das sind die massiven Vorwürfe gegen den Klosterorden
"Schulschwestern von Unserer Lieben Frau", der zusammen mit Stadt- und Landkreisverwaltung in der bayerischen Kleinstadt Auerbach
eine Realschule betreibt.
Jetzt zogen die Behörden
Konsequenzen: Der Orden
beugte sich nach einer Krisensitzung dem Druck des Kultusministeriums und will seinen Lehrbetrieb mit Ende des
Schuljahrs im Sommer 2002
beenden. Ab dann sollen nur
noch weltliche Lehrer die
rund 230
Mädchen und Buben
unterrichten.
Die Kirche spricht von einem bundesweiten Einzelfall,
der Vatikan untersucht den
Vorgang, über den sich der
Orden auch auf Anfrage nicht
äußern will. Großes Aufsehen
erregte zu Beginn dieses
Schuljahres, dass die Schwestern den 16-Jährigen in der
zehnten Klasse Biologiebücher austeilten, aus denen die
ersten 14 Seiten, auf denen es
um Sexualkunde ging, einfach
herausgerissen waren.
Bücher eingezogen
Ende Oktober kassierten die
Schwestern die Biologiebücher der achten Klasse ganz
ein und weigern sich, sie wieder auszuteilen - gegen den
Protest der katholischen Kirche. Außerdem gibt es Kritik
wegen angeblicher Verbin 3. Spalte
dungen zum Engelwerk, einer
Bewegung, die selbst innerhalb der katholischen Kirche
umstritten ist. Das zuständige
Landratsamt warnt vor Vorverurteilungen und verweist
auf die Unschuldsvermutung
bis zu näheren Untersuchungen. Und in Briefen an Behörden und Kirche gibt es von
Bewohnern der Kleinstadt
auch Zuspruch für den Unterricht der zwölf Nonnen.
Die katholische Kirche hält
die Vorwürfe für nicht aus der
Luft gegriffen. "Es hat immer
wieder Hinweise gegeben,
dass im Kloster nicht alles
richtig läuft", sagt Hans-Günter Röhrig vom Erzbistum
Bamberg. Da aber das Kloster
direkt dem Vatikan unterstehe, seien dem Bistum die
Hände gebunden. (Reuters,Ulf Laessing,DERSTANDARD Print-Ausgabe 24.11.2001)