Deutschland
Kritik am Krieg, Ja zur Koalition
Deutsche Grünen-Spitze: Verknüpfung soll Regierung retten
Von der Entscheidung der 800 Delegierten des Grünen-Parteitags an diesem Wochenende in Rostock hängt das
Schicksal der rot-grünen Koalition in Deutschland ab. Zur Diskussion steht der Einsatz deutscher Soldaten im
Afghanistankonflikt. Ein Nein würde das Aus für die Regierung bedeuten.
Die Parteispitze der Grünen hat sich bei der Formulierung des Leitantrags Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Vorbild
genommen und die beiden Themenkomplexe miteinander verknüpft. Im Antrag heißt es: "Wir akzeptieren, dass unsere
Abgeordneten mehrheitlich der Bereitstellung von Einheiten der Bundeswehr zur Bekämpfung des internationalen
Terrorismus zugestimmt haben." Mit der Formel "akzeptieren" wurden die Worte "unterstützen" oder "begrüßen"
vermieden, die deutliche Zustimmung bedeutet hätten.
Gleichzeitig kommt die Grünen-Führung den Kritikern entgegen, indem mit Hinweis auf vier Gegenstimmen bei der von
Schröder mit der Vertrauensfrage verbundenen Abstimmung zum Militäreinsatz im Bundestag betont wird: "Wir halten es
für richtig, dass die vorhandene Kritik an dem Einsatz, die in unserer Partei ihren Platz hat, in der Abstimmung zum
Ausdruck gebracht wurde." Auch Kritik an der Kriegsführung der USA wird geübt. Der Schlüsselsatz für viele
Delegierte dürfte aber die Aussage sein: "Die Grünen wollen die rot-grüne Koalition fortsetzen, weil sie gut ist für die
Menschen und für dieses Land."
Parteichef Fritz Kuhn war vor Beginn des Parteitages zuversichtlich, dass "die Delegierten die Parteispitze und die
Koalition unterstützen". Die große Mehrheit der Basis wolle den Fortbestand dieser Regierung. Ein Nein zum
Militäreinsatz würde bedeuten, dass es keine Grundlage für den Fortbestand der Koalition mehr gebe, betonte auch
Ko-parteichefin Claudia Roth.
Cohn-Bendit droht
Ein prominenter Grüner, der Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit, drohte im Falle einer Ablehnung mit seinem
Parteiaustritt. Auch ein Ausstieg Fischers wird für diesen Fall kolportiert. Danach gefragt, was er vom Parteitag
erwartete, sagte Fischer: "Probleme, Probleme, Probleme."
Insgesamt 50 Anträge liegen zum außenpolitischen Komplex vor. Kriegsgegner werteten den Antrag der Parteiführung
prinzipiell als positiv, da versucht worden sei, Kritik zu berücksichtigen. Mit Versuchen, die Verknüpfung aufzuheben
und über den Militäreinsatz und die Koalition getrennt abzustimmen, wird gerechnet. Auch ein Eklat galt als möglich.
Bundeskanzler Schröder mahnte die Grünen, die Geschlossenheit der Koalition zu wahren. "Wir kommen jetzt in eine
Phase, in der klar sein muss, dass beide Koalitionsparteien die Regierung unterstützen." Er habe den Willen zur
Fortsetzung der Koalition. "Ob die Bedingungen stimmen beziehungsweise herstellbar sind, wird sich zeigen", sagte
Schröder.