Wien - Bülent Öztoplu wird das Gesetz brechen. Anfang Dezember, kündigt er an, werde er nach Deutschland reisen. Ohne Visum. Mit Anwalt. Denn der Sozialarbeiter muss sich reinwaschen. "Mein Name ist schmutzig gemacht worden." Und sein Vertrauen in die Zuverlässigkeit der deutschen Justiz sei in den letzten Monaten nicht gestiegen. Und auch wenn die Rolle der österreichischen Exekutive in der Causa hinterfragenswert ist, schaut Öztoplu vor allem nach Mannheim. "Ich muss die Sache endlich klären." Die Vorgeschichte war im STANDARD zu lesen: Am 12. September wird Öztoplu festgenommen. Fünf Tage wird ihm der Kontakt zu seinem Anwalt verweigert. Grund der Festnahme: ein Haftbefehl für einen Raufhandel zwischen Türken und - zunächst - Unbekannten, der sich vor 17 Jahren in Mannheim ereignet hat. Öztoplu wollte schlichten, wurde angeschossen und ging zur Polizei. Dort erfuhr er, dass die "Unbekannten" Polizisten waren. Mitglieder einer Wache, deren Exzesse die deutschen Gerichte immer wieder beschäftigten. Das Verfahren gegen Öztoplu wurde 1984 eingestellt, später wieder aufgenommen - allerdings erhielt Öztoplu nie eine Ladung. Mehrere Versuche, in Deutschland Klarheit zu schaffen, scheiterten: Öztoplu bekam kein Visum. "Wir . . . können ihn überhaupt nicht brauchen", vermerkte der Richter im Akt. Dass Öztoplus seltsame Festnahme dazu verwendet wurde, den Geschäftsführer des Wiener Integrationsvereins ECHO in Österreich aus einer Kommission des Menschenrechtsbeirates im Innenministerium zu entfernen, sei bezeichnend, meint Öztoplus Anwalt, Richard Soyer: "Die österreichische Justiz spielt hier zum Glück nicht mit. Aber der Fall zeigt, wie leicht man mit dem geplanten EU-Haftbefehl unliebsame Kritiker verschwinden lassen können wird." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23. November 2001)