Wien - Mittwoch kurz nach zwölf Uhr mittags war alles gelaufen und klar, dass es keinen Drei-Parteien-Antrag zu Temelín geben würde. Die Regierungsparteien und die Grü- nen kamen doch nicht zusammen, und am Nachmittag brachte jeder seinen Antrag ein: ÖVP und FPÖ jenen, auf den man sich nicht einigen konnte, SPÖ und Grüne je einen eigenen mit allen offen gebliebenen Forderungen. Grüne: Bundeskanzler Schüssel betreibe "aktive Selbsttäuschung" Danach wurde nur noch die Schuld verteilt. Am meisten davon bekam die SPÖ ab, der ÖVP und FPÖ vorwarfen, für das größere Scheitern verantwortlich zu sein. SP- Umweltsprecherin Ulli Sima entgegnete, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel betreibe "aktive Selbsttäuschung" und lasse sich von der "aggressiven Vetopolitik" der FPÖ die Linie vorschreiben. Dagegen habe SP-Chef Alfred Gusenbauer erst am Dienstag für Unterstützung des Anti-Temlín-Kurses beim deutschen Kanzler Gerhard Schröder geworben. Das wollte VP-Klubchef Andreas Khol so nicht nachvollziehen: Gusenbauer stehe an der Kante zum "doppelten Alfredchen". Streit Energiekapitel Dass Khol selbst den Rösselsprung zwischen den Interessen der Regierungsparteien - hier Veto-Drohung, da Abschluss des Energiekapitels - nicht schaffte, bekräftigten die Grünen nach dem Scheitern des letzten Gespräches. Die ÖVP sei nicht bereit gewesen, das Energiekapitel bis Sommer 2002 offen zu halten, sagte Eva Glawischnig. Auch Ausstiegshilfen will die ÖVP Prag nicht anbieten. Also kam es wie erwartet: Der Entschließungsantrag von ÖVP und FPÖ wurde mit den Stimmen ihrer 104 Abgeordneten angenommen. Wortgefechte Schon am Vormittag hatten sich SP-Klubchef Josef Cap und sein FP-Gegenüber Peter Westenthaler heiße Wortgefechte geliefert. Cap entgegnete auf Westenthalers Vorhaltungen, die SPÖ sei für das AKW Zwentendorf gewesen: "Wir sind 1978 mit dem Slogan ,Atomfreie Zukunft für unsere Kinder' auf die Straße gegangen. Das sollten eigentlich auch Sie uns danken: Denn als Sie als Achtjähriger an der Hand Ihrer Oma am Straßenrand gestanden sind und gefragt haben, wer ist denn der große Blonde da, hätte die Ihnen sagen können, wer da demonstriert. Das war nämlich ich." Das Protokoll vermerkt Heiterkeit. (kob, DER STANDARD Print-Ausgabe 22.11.2001)