Geschlechterpolitik
Atypische Arbeitsformen sind "typisch weiblich"
Ungesicherte Jobs mit Einkommen unter dem Existenzminimum
Wien - Die Zahl der atypischen Arbeitsformen - besonders bei Frauen - ist im Zunehmen.
Den Problemen dieser ArbeitnehmerInnen widmete die Wiener Arbeiterkammer eine Veranstaltung.
Renate Csörgits, Vorsitzende der ÖGB-Frauen, umriss in
ihrem Referat die Spezifika der neuen Jobformen: "Auch atypisch Beschäftigte benötigen einen ausreichenden sozial- und arbeitsrechtlichen Schutz."
Frauenanteil von 70 Prozent
Die am häufigsten vorkommenden atypischen Beschäftigungsformen,
Teilzeitarbeit und mit sehr viel Abstand die geringfügige
Beschäftigung, sind typisch "weiblich", mit einem Frauenanteil von
jeweils über 70 Prozent.
Unter dem Existenzminimun
Teilzeitbeschäftigte sind Vollzeitbeschäftigten arbeits- und sozialrechtlich gleichgestellt.
Unproblematisch ist diese Beschäftigungsform dennoch nicht: Die
Entlohnung ist in vielen Fällen nicht Existenz sichernd.
Geringfügig Beschäftigte sind noch stärker als Teilzeitarbeitende
auf unqualifizierte Tätigkeiten konzentriert. Mit maximal rund 4.076
Schilling im Monat haben sie nur ein geringfügiges, zum Leben nicht
ausreichendes Einkommen.
Bei Arbeitslosigkeit haben sie keine
Absicherung, können sich aber wenigstens für Sozialversicherung
entscheiden. Existenzsichernd sind die Sozialleistungen, die aus den
Minieinkommen der geringfügig Beschäftigten resultieren, freilich
nicht, erläuterte Csörgits.
Unklarheit bei freien DienstnehmerInnen
Am unerschiedlichsten und noch am wenigsten erforscht ist die
Gruppe der Freien DienstnehmerInnen und der Neuen Selbstständigen,
Frauen und Männer sind zu gleichen Teilen vertreten. Dem Vorteil der
Möglichkeit, sich die Zeit relativ frei einteilen zu können, steht
ein gravierender Nachteil gegenüber: Das volle Unternehmensrisiko.
Stark schwankende Einkommen, eine unzureichende sozialrechtliche
Absicherung und fehlender arbeitsrechtlicher Schutz sind für Csörgits
negative Punkte des "selbstbestimmteren" Arbeitens.
Aktionen
Um atypisch Beschäftigte besser erreichen zu können, wollen AK und ÖGB künftig verstärkt auf die Betroffenen zugehen. "Die Menschen legen Wert auf persönliche Beratung. Mit den traditionellen Organisationsformen sind diese Beschäftigten heute nicht mehr zu erreichen. Deshalb gehen wir in Zukunft neue Wege, um zielgerichtet Hilfe anbieten zu können", stellte Salzburgs AK-Präsident Alexander Böhm fest.
Der größte Bedarf der atypisch Beschäftigten bestehe darin, zuerst einmal über Probleme, Sorgen sowie Konflikte miteinander und mit den InteressenvertreterInnen reden zu können. Es geht um das "Loswerden" von Leidensdruck und Belastungserlebnissen, erklärte der AK-Präsident. "Die Beschäftigten erwarten sich Zeit und die volle Aufmerksamkeit von ihren Interessenvertretern. Erst dann interessieren sie die 'klassischen' Angebote von AK und ÖGB." Neue Wege müssten beschritten werden.
AK und Gewerkschaft wollen deshalb hinaus zu den Mitgliedern und "Stammtische" und Informationsplattformen einrichten, um diesem Bedarf gerecht zu werden.
(APA)