pedronegro
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Als "Naschmarktkönig" ging ein Geschäftsmann in die Geschichte ein, der es in den 40er-Jahren des 19. Jahrhunderts schaffte, die Bauern mit den unterschiedlichsten Mitteln in seine Hand zu bekommen und so die Preise diktieren konnte. Der Wucher führte 1848 schließlich zu einem Aufstand, der von der Nationalgarde niedergeschlagen werden musste und mit der Verhaftung des "Naschmarktkönigs" endete. Rebelliert wird heute eher selten auf Wiens größtem und an Zuspruch stark gewinnenden Markt. Denn hier kauft man längst nicht mehr ein, um den Hunger zu stillen, vielmehr wurde der Naschmarkt in den letzten zwei Jahren zur bevorzugten Flaniermeile der so genannten "Bobos", der "Bourgeois bohémiens". Mozzarella di Bufala, Mangostin und Maschansker sind Kulisse und Requisiten der hedonistischen Selbstdarsteller, und wenn das Orange der Kürbisse so fein zum Blau der Gucci-Brillen passt, dann ist das doch auch etwas, nicht wahr? Könige gibt es am Naschmarkt freilich heute immer noch reichlich: Standler mit einer doch gewissermaßen über den Markt hinaus reichenden Berühmtheit, irgendwo zwischen Skurrilität und Bussi-Prominenz angesiedelt. Der Schinken- und Käse-Spezialist Gerhard Urbanek zum Beispiel, der "Gurkerlkaiser" Leo Strmiska, die Fischhändlerin Hella Gruber oder der Fleischhauer Helmut Meyer. Und dann gibt es die Kronprinzen, die Newcomer und die Exoten. Sie sorgen für zusätzliche Farbe und dafür, dass es am Samstag zu Mittag nicht fad wird am Naschmarkt. der Standard/rondo/19/10/01