Wien - E-Learning ist das Schlagwort der letzten Jahre, wenn es um Hightech-Lernen geht. Im Gespräch mit dem STANDARD übte Peter Frey vom Institut für Aus- und Weiterbildung der Uni Bern im Rahmen des Kongresses "Qualität der Lehre" Anfang November aber harsche Kritik an "dieser Seifenblase" - und seiner täglichen Arbeit. Frey hält den Lerneffekt bei der Weitergabe von Wissen an Studierende über Internet und E-Mail für "gänzlich überbewertet". In der medizinischen Ausbildung, in der pionierhaft "aufgrund der Bildorientierung" E-Learning schon sehr bald genützt wurde, könnten Studenten nach seinen Beobachtungen "Computerbilder nicht in die Realität umsetzen" und in der Praxis bewerten. Und obwohl alle Fallstudien im Internet nachzulesen seien, wollen die Studenten eine "Einführungsvorlesung haben mit einer realen Person vorne, die erklärt". Martin Fischer von der Universität München, Miterfinder von "casus", einer Online-Fallbibliothek für Mediziner, ergänzt: "Es ist unfair, von den Studenten zu erwarten, dass sie alles allein übers Internet lernen. So wird die Verantwortung an die Studenten einfach abgeschoben - lest halt nach im Internet." Methodisch sei die E-Transferleistung nicht zu überprüfen, da sich Studierende immer selbstständig die für sie vorteilhaftesten Lernstrategien wählen würden, argumentiert Experte Frey weiter. Womit sich geringe Nutzerzahlen ergeben, die die hohen Kosten nicht rechtfertigen würden. Noch ein Faktor, der für Frey bei der Implementierung von E-Learning-Modellen zu wenig berücksichtigt werde. So habe man in der Schweiz mit 15 Millionen Euro (206 Millionen Schilling) den Aufbau des "virtual campus" forciert. Dabei sollten die Schweizer Unis in Kooperation Lernprojekte über Internetplattformen realisieren. "Am leichtesten sind die Aufwände für die Hardware zu berechnen. Aber die Nebenkosten sind unsichtbar." So müssten Lehrpläne adaptiert, entsprechendes Know-how erarbeitet werden, wie Lehrinhalte über elektronische Medien zu transportieren seien. Da "wird meistens das Rad x-fach neu erfunden" - mit hohem Aufwand. Mindestens die Hälfte des Geldes "verpufft bei den Organisationen in der Administration". Auch Martin Fischer kann negative Erfahrungen beisteuern: E-Learning-Projekte seien vielfach an den Unis drittmittelfinanziert. Da würden dann aber "ganz andere Dinge" um das dafür vorgesehene Geld angeschafft werden. Die Lösung zur Nutzung von E-Learning sieht Frey darin, Studenten Lernprogramme anzubieten, die sie als Prüfungsvorbereitung nützen können. Und selbst da hat er festgestellt, dass "zwar 90 Prozent der Studenten das Angebot toll finden, aber nur zehn Prozent es nützen". Aber da diese Medien nun mal da seien, solle man sie sie sinnvoll - aber sparsam - nützen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20. 11. 2001)