Pristina/Belgrad/Brüssel - Die ersten Parlamentswahlen im Kosovo haben den erwarteten Sieg der gemäßigten albanischen Kräfte rund um Ibrahim Rugova gebracht. Wie die OSZE Montag Abend in Pristina bekannt gab, setzte sich Rugovas LDK (Demokratische Koalition Kosovas) nach Auszählung von 92 Prozent der Stimmen mit 46,29 Prozent klar gegen die Parteien der ehemaligen UCK-Kommandanten Hashim Thaci (PDK - 25,54 Prozent) und Ramush Haradinaj (AAK - 7,82 Prozent) durch. Da 100 von 120 Mandate frei gewählt wurden, entspricht die Prozentzahl im Großen und Ganzen der Anzahl der Sitze. Das serbische Wahlbündnis "Povratak" (Rückkehr) dürfte auf Grund der Wahlarithmetik dritte Kraft im Kosovo-Parlament werden und mit 10,96 der abgegebenen Stimmen 21 Mandate erhalten, zehn waren für die serbische Minderheit im Voraus reserviert gewesen. Da vor allem noch Wahlkarten aus Serbien und Montenegro ausständig sind, könnten beim Endergebnis sogar 22 Sitze herausschauen. Dieses wird Ende der Woche erwartet. Außerdem dürften die Minderheiten der Bosniaken (fix drei) und eventuell auch jene der Türken (fix zwei) je ein zusätzliches Mandat erhalten. Aschakli, Roma und "Ägypter" haben fix vier, die goranische Minderheit ein festes Mandat. Sieg Rugovas impliziert Unabhängigkeitsforderung Tatsache ist jedoch, dass auch der Sieg Rugovas - gegenüber den Kommunalwahl im Vorjahr büßte die LDK allerdings um die 12 Prozentpunkte ein - die Forderung nach Unabhängigkeit des Kosovo impliziert. "Das ist der Wunsch aller politischen Kräfte der Albaner im Kosovo", sagte der politische Berater Rugovas, Skender Hyseni, gegenüber der APA. "Wir werden in den nächsten Jahren hart arbeiten, dass dieser politische Wille auch anerkannt wird. Das verlangt in erster Stelle Kooperation mit den USA und der EU." Seitens der EU wurde das Ansinnen am Montag bereits zurückgewiesen. Außenministern Benita Ferrero-Waldner (V) erklärte in Brüssel, die Wahlen seien "kein Votum für Unabhängigkeit" gewesen. Ähnliche Äußerungen kamen von anderen EU-Politikern. Nicht ganz so eindeutig reagierte der Leiter der SPÖ-Delegation im EU-Parlament, Hannes Swoboda. Das Kosovo könne nur unabhängig sein, wenn "Toleranz und Frieden im Inneren" existierten. Darüber hinaus seien "Verhandlungen mit Serbien" notwendig. Konfliktstoff Die Situation birgt Konfliktstoff. Laut UNO-Resolution 1244 ist die südserbische Provinz Teil der Bundesrepublik Jugoslawien. Auch am Montag betonten alle politischen Parteien in Belgrad, dass die südserbische Provinz Teil Jugoslawiens bleiben müsse. Die Demokratische Partei Serbiens (DSS) vom jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica bekräftigte erneut, dass es zu keiner Unabhängigkeit des Kosovo kommen könne. Rugova-Berater Hyseni wies diesen Äußerungen wenig Bedeutung zu: "Belgrad hat keinen Einfluss mehr auf das Kosovo. Das künftige Parlament wird auch aus Kosovo-Serben gebildet. Wir sind sehr optimistisch, dass diese Versammlung alles tun wird, dass sich die Serben und andere Minderheiten hier künftig zu Hause fühlen." Auch das knapp vor den Wahlen zwischen UNMIK-Chef Hans Häkkerup und Belgrad unterzeichnete Abkommen sei "nicht bindend" für das Kosovo. "Es bedeutet keinerlei Obligation für uns." Die Rugova-Partei ist nun zur Bildung einer Regierung und der Bestellung eines Präsidenten auf eine Koalition angewiesen. Obwohl ein Zusammengehen von LDK und PDK nicht nur wegen diverser Scharmützel im Wahlkampf ursprünglich eher als ausgeschlossen galt und auch eine Kooperation mit "Povratak" nur bedingt wahrscheinlich scheint, wollte Hyseni vorerst keine Option ausschließen: "Wir grenzen niemanden aus, wir werden gegen niemanden Vorurteile haben. Jeder, der vernünftige Positionen präsentiert, ist als Partner denkbar." (APA)