Inland
Charles Ofoedu aus Schubhaft entlassen
Grün-Mandatarin Stoisits wertet Enthaftung des nigerianischen Autors als "Teilsieg"
Wien - Starker Applaus vor Beginn einer Pressekonferenz -
ein höchst ungewöhnliches Ereignis. Anlass dazu gab es heute,
Mittwoch, Vormittag, in Wien, denn noch bevor ein Personenkomitee
"Freiheit für Charles Ofoedu" fordern konnte, erschien der am Sonntag
morgen in Schubhaft Genommene persönlich. Damit wurde die
Veranstaltung "die erfolgreichste Pressekonferenz, die je in
Österreich veranstaltet wurde", wie sich Gerhard Ruiss von der IG
Autorinnen Autoren freute."Ich muss mich bedanken"
"Ich muss mich bei allen bedanken, was sie für mich getan haben",
meinte Ofoedu. Er habe nie Angst gehabt und im übrigen eine Regel
befolgt, die er früher gelernt habe: "Ich habe nichts unterschrieben.
Aber ich habe ein neues Buch angefangen." Was genau in den
vergangenen Stunden zum Haltungswandel der Behörden geführt hätte,
konnte Ofoedus Anwalt Ewald Mike Scheucher "nicht ganz
nachvollziehen". Es habe trotz Bestehen eines Aufenthaltsverbotes
einen Bescheid gegeben, bis 1. Dezember keine Maßnahmen zu setzen.
"Die jetzige Schubhaft war unserer Meinung nach eine rechtswidrige
Freiheitsberaubung." Nach Ansicht des Anwaltes hätte das schließlich
auch die Behörde eingesehen und einen Weg gesucht, aus der Sache
wieder herauszukommen. Also habe man einen Asylantrag gestellt.
Darauf wurde Ofoedu am Mittwoch Morgen enthaftet.
Stoisits: "Das ist rechtskräftig"
Der in Nigeria geborene und seit rund zehn Jahren in Österreich
lebende Schriftsteller Ofoedu war im Mai 1999 im Rahmen der
Drogen-Razzia "Operation Spring" verhaftet und anschließend von der
Boulevardpresse als "Charles O." zum "Drogenboss" stilisiert worden.
In erster Instanz wurde er Mitte Oktober vergangenen Jahres wegen
Geldwäsche zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt.
"Das ist rechtskräftig, daran ist nicht zu rütteln", meinte die
Grüne Abgeordnete Terezija Stoisits, das könne, müsse aber nicht zu
einem Aufenthaltsverbot führen. Alle Umständen wiesen aber darauf
hin, dass hier ein Exempel statuiert werde, das aber nicht bloß
Ofoedu, sondern "uns alle" treffe: "Die wollen uns zeigen wo's
langgeht und wer am längeren Ast sitzt." Die Sache sei mit der
Enthaftung nicht abgeschlossen: "Das ist ein Teilsieg, aber
keinesfalls das Ende dieser Geschichte." Als Nächstes wird ein
Entscheid des Verfassungsgerichtshofes erwartet, der aufschiebende
Wirkung hätte.
Turrini: "Verdienstvoller Österreicher
Auf einen besonderen Umstand wies Universitätsprofessor Wolfgang
Greisenegger hin: "Es ist fast gespenstisch, wir begehen heute den
internationalen Writers-in-Prison-Day, und dann werden
Unrechtshandlungen vor der Haustür begangen." Für Gerhard Ruiss
handelt es sich im Fall Ofoedus um den "klassischen Fall einer
Schriftstellerverfolgung, wie wir es sonst eigentlich nur
international kennen." Falls Ofoedu das Land verlassen müsse, werde
man alles daran setzen, ihm über ein Writers-in-Exile-Programm wieder
die Möglichkeit zu geben, nach Österreich zurückzukehren.
Er halte Charles Ofoedu "für einen verdienstvollen Österreicher"
und "einen großen Literaten", meinte der Autor Peter Turrini, Ofoedu
habe im Fall Omofuma und mit seinem Buch über die Innenansicht der
Republik (In "Morgengrauen. Ein literarischer Bericht." verarbeitete
Ofoedu in der Untersuchungshaft die Ereignisse des Mai 1999, Anm.)
nicht nur literarische Qualität, sondern auch politischen Mut
bewiesen, "Einen solchen Kollegen möchte ich einfach nicht verlieren,
so viele davon haben wir in Österreich nicht."(APA)