Kabul - Der Prozess gegen die acht in Afghanistan inhaftierten Shelter-Now-Mitarbeiter ist auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Wie ein Vertreter des obersten Gerichts der Taliban am Montag mitteilte, entschloss man sich zu diesem Schritt, damit das Urteil nicht von den US-Luftangriffen beeinflusst werde. "Die Bombenangriffe und die Gerichtsentscheidung sind zwei verschiedene Dinge. Wir wollen nicht, dass das eine mit dem anderen vermischt wird", sagte Richter Maulwi Mir Habibullah der Nachrichtenagentur AP in einem Interview. Der Prozess gegen die im August verhafteten Shelter-Now-Mitarbeiter - zwei Amerikanerinnen und zwei Australier sowie drei Frauen und ein Mann aus Deutschland - hatte Anfang September begonnen, sich jedoch angesichts der Terroranschläge in den USA und der US-Angriffe auf Ziele in Afghanistan verzögert. Die Taliban werfen den Angeklagten christliche Missionierung von Moslems vor. Auch 16 einheimische Mitarbeiter wurden angeklagt. Die USA hatten ein Angebot der Taliban abgelehnt, die Ausländer im Falle des Verzichts auf einen Angriff freizulassen. Die Anklagepunkte seien fragwürdig, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der deutschen Shelter Now, Joachim Jäger. Er sei von einem Freispruch der Angeklagten überzeugt. Die Haltung der Taliban scheine sich geändert zu haben, sagte Jäger in Braunschweig. Habibullah erklärte, angesichts der Angriffe auf Afghanistan könnten die Richter zornig werden und ein härteres Urteil fällen, als es die Scharia vorsehe. Um dies zu verhindern, werde der Prozess vertagt. Den Angeklagten gehe es gut. Der Oberste Gerichtshof habe die Wärter angewiesen, die Shelter-Now-Mitarbeiter freundlich zu behandeln. "Wir haben ihnen gesagt, dass dies Menschen sind und sie mit Güte behandelt werden sollten", erklärte Habibullah. (APA/AP)