Die neuen Informationstechnologien (IT) eröffnen für Frauen Chancen in der Arbeitswelt, da sind Sidonie Rauchenwald von der IT-Firma Xenis und Hilde Stockhammer, Frauenexpertin beim Arbeitsmarktservice (AMS), einer Meinung. Die goldenen Zeiten totaler Gleichstellung der Geschlechter sind auch beim Wiener IT-Unternehmen Xenis noch nicht angebrochen, betont Xenis-Personalchefin Sidonie Rauchenwald. Dennoch: "Hellauf begeistert" würden sich die Xenis-Männer geben, wenn sie davon Wind bekämen, dass sich eine Frau um einen Programmierer- oder Technical-Consulter-Job beworben habe. "Frauen bringen eben eine gewisse Spannung ins Team", vermutet Rauchenwald. Damit meint sie nicht die Erotik, sondern die dem weiblichen Geschlecht in der Regel anerzogenen sozialen Eigenschaften. Verbunden mit "analytischem, logischem Verständnis", das Xenis-MitarbeiterInnen jedenfalls mitzubringen hätten, steigere ein solches zwischenmenschliches Talent Fähigkeit und Effizienz beim Entwickeln von XRM-Lösungen, auf die man bei Xenis spezialisiert ist. XRM, das sind IT-Anwendungen, die "den intelligenten und situationsgerechten Zugriff auf Daten ermöglichen", wie in einer Firmenselbstbeschreibung zu lesen ist. Das sind Computerprogramme, die am Schnittpunkt zwischen technischer und menschlicher Kommunikation angesiedelt sind. Um sie zu erarbeiten, brauche es "tiefes fachliches Wissen", erläutert Rauchenwald. Ein Informatikstudium oder einen HTL-Abschluss zum Beispiel, das in Österreich - Stichwort: Männerdomäne - bisher nur wenige Frauen absolviert haben. Oder, wenn frau aus einer anderen Richtung kommt, "die Bereitschaft, sich nicht nur umschulen zu lassen, sondern sich auch privat intensiv mit der Materie zu beschäftigen". Erfolg mit 40 Jahren Wie jene "Mutter von drei Kindern", die jetzt "an die 40 Jahre alt" und bei Xenis im Technical Support tätig sei. Vor der Kindererziehungspause habe sie "als Sachbearbeiterin, die Computer nur als Userin kannte", gearbeitet, nun entwickle sie für Kunden Webanwendungen im Internet. Und verdiene als Wiedereinsteigerin beträchtlich mehr als früher: Schon ihr Einstiegsgehalt habe das weibliche Durchschnittseinkommen übertroffen. Dieser Mittelwert aller Löhne von Frauen bundesweit hatte im Jahr 1999 18.300 Schilling (1329 ) brutto betragen, rechnet Hilde Stockhammer vom AMS vor. Männer hätten im selben Jahr im Durchschnitt 25.300 Schilling brutto lukriert, vergleicht die AMS-Frauenexpertin. Gerade im IT-Bereich bestünden "hohe Einkommenschancen für Frauen in neuen Berufsfeldern", weiß sie. In denen Frauen "Fuß fassen" müssten, "bevor auch dort die Verhältnisse verknöchern". Angesichts der krisenhaften Konjunktur könne heute zwar niemand "eine Garantie für Jobsicherheit geben. Auch nicht das AMS, aber wir tun, was möglich ist." Das AMS, erläutert Stockhammer, setze Maßnahmen im Sinne des EU-weit als Grundlage geltenden Gender Mainstreaming, welches Gleichstellung von Frauen in allen Bereichen zum Ziel hat. Seit der Schaffung der AMS-Abteilung "Arbeitsmarktpolitik für Frauen" sei "einiges in Bewegung geraten". Im Jahr 2001 etwa seien 24.000 Personen, davon rund 40 Prozent Frauen, im IT-Bereich ausgebildet worden. Zum Beispiel in frauenspezifischen IT-Kursen (siehe Servicekasten), die "zu hundert Prozent von Trainerinnen" ausgerichtet werden sollen. Weil "kluge Frauen" für andere "Vorbild und Integrationsfigur" seien, "grad' im nicht traditionellen Bereich". Auch sei in Weib-weiblichen Zusammenhängen die Entwicklung von mehr Selbstvertrauen einfacher zu bewerkstelligen. Eine Eigenschaft, die etwa Wiedereinsteigerinnen oft abgehe, obwohl sich - wie die AMS-Expertin betont - "eine Frau, die gelernt hat, Kinder und Haushalt zu schupfen, eindeutig gut organisieren kann". Wiedereinsteigerinnen, so Stockhammer, fühlten sich oft derart an Kind und Familie gebunden, dass sie zum Beispiel glaubten, "höchstens vier Stunden pro Tag" arbeiten gehen zu können. Hier sei in vielen Fällen "ein persönlicher Strategiewechsel" nötig - und machbar. Zumal gerade die IT-Branche "flexible Arbeitszeiten kennt", entgegen dem immer noch herrschenden Vorurteil, dass es sich "um Jobs rund um die Uhr" handle. Flexibles Arbeitszeitmodell Bei Xenis bestehe "zwischen zehn und 15 Uhr Kernarbeitszeit", darüber hinaus würde die geleistete Arbeit "als Jahresarbeitszeit" abgerechnet, bestätigt das Sidonie Rauchenwald. Auch Teilzeit sei möglich und oft nötig, "weil unsere Leute parallell in Ausbildung stehen". Neues lernen und Herausforderungen annehmen, laute die Devise: "Frauen müssen die Möglichkeit haben, sich zu bewähren. Also in Betrieben jene Chancen kriegen, die bisher vor allem die Männer einander zugeschanzt haben." Irene Brickner - DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 8.11.2001