Salzburg - Ein Jahr nach der Brandkatastrophe in der
Standseilbahn auf das Kitzsteinhorn ist die Stimmung in Kaprun
zumindest wenige Tage vor dem Gedenktag gespalten: Dass der 1.
Jahrestag des Unglücks ganz unter dem "Diktat der Trauer" stehen
wird, stößt in der Gemeinde mehr als nur auf Verständnis, wird
vielmehr als Verpflichtung für einen verantwortungsvollen Umgang mit
der Katastrophe angesehen. Zugleich ist aber eine Aufbruchsstimmung
wahrzunehmen: Hoteliers, Geschäfte und natürlich die Gletscherbahnen
haben in den vergangenen Monaten massiv in die Zukunft investiert.
Die touristische Nachfragesituation "ist schlicht und ergreifend
gut", sagt Kapruns Tourismusdirektor Hans Wallner. Verglichen mit dem
Vorjahr verzeichne man ein Plus von 15 bis 20 Prozent. Zu einem sehr
großen Teil profitiere Kaprun - wie überhaupt der gesamte Alpenraum -
nach dem Terror in den USA davon, ein "Boden nahes" Reiseziel,
sprich: für Mitteleuropäer ohne Flugzeug erreichbar zu sein. Zum
anderen sei der Ort nicht untätig gewesen und habe kräftig
investiert. Die neue Seilbahn beispielsweise, an der derzeit mit
Hochdruck gebaut wird und die zur Jahreswende in Betrieb gehen soll,
werde die "modernste, komfortabelste, sicherste - und wahrscheinlich
auch teuerste der Welt" sein, wie Wallner anmerkt.
Investiert haben auch die Hoteliers, und zwar vor allem in den
qualitativen Ausbau des Angebots: Zimmer wurden renoviert, der
Wellnessbereich verbessert. Ähnlich die Situation im Handel, wo zum
Beispiel die beiden Sporthäuser Bründl und Moreau im Buhlen um
kaufkräftige Kundschaft für jedermann weithin sichtbar "hochgerüstet"
haben.
Im Gespräch mit Kaprunern wird meist eines sehr schnell deutlich:
Die Menschen im Ort bekennen sich zum Gedenken, zugleich aber fordern
sie auch ihr "Recht aufs Weiterleben" ein. Das Unglück sei "Teil der
Geschichte, dazu muss man stehen", sagt beispielsweise Bürgermeister
Norbert Karlsböck. Nach dem seinerzeitigen Gefühl der Ohnmacht und
Hoffnungslosigkeit habe sich mittlerweile aber wieder Optimismus
durchgesetzt. Die neue Bahn etwa werde durchweg "positiv
aufgenommen", auch viele Hinterbliebene würden die wirtschaftliche
Notwendigkeit dieses Baus einsehen.
Die "provisorische" Gedenkstätte an der Talstation - ein mit
Blumen geschmücktes Holzkreuz, an dem zahlreiche Trauernde ihre
"letzten Grüße" deponiert haben - kann jedenfalls ebenso wenig wie
der bereits ausgeschriebene Wettbewerb für das geplante Mahnmal
darüber hinweg täuschen, dass der erste Gedenktag in Kaprun als
"Zäsur" in der Aufarbeitung betrachtet wird: Nach dem 11. November
will man wieder den Blick nach vorne richten und Pläne für eine
hoffnungsvolle Zukunft schmieden. Oder wie es Tourismus-Chef Wallner
formuliert: "Am 12. November starten wir voll durch." (APA)