Berlin - Nach der Einigung zwischen SPD und Grünen ist der Weg für den Beschluss der deutschen Regierung über das geplante Aufenthaltsgesetz frei, das an die Stelle des bisherigen Ausländergesetzes treten soll. In den bis Sonntagabend andauernden Verhandlungen hatten vor allem die Grünen noch eine Reihe von Korrekturen bei der Neuregelung des Zuwanderungsrechts durchsetzen können. Kernstück des Gesetzentwurfs bleibt die Neuregelung zur Arbeitsmigration. Die zentralen Punkte: AUFENTHALT: Künftig wird nur noch zwischen befristeter Aufenthaltserlaubnis und unbefristeter Niederlassungserlaubnis unterschieden. Entscheidungsgrundlage soll künftig der Zweck des Aufenthalts sein, also Ausbildung, Erwerbstätigkeit, humanitäre Gründe oder Familiennachzug. Die bislang zahlreichen, abgestuften Erlaubnisse für den vorläufigen oder dauerhaften Verbleib in Deutschland entfallen. Wer nicht zurückkehren kann, soll ein befristetes Aufenthaltsrecht bekommen; für die übrigen soll die Abschiebung strikter durchgesetzt werden. Für Straftäter oder Mitglieder terroristischer Organisationen soll bereits im Rahmen des so genannten Sicherheitspakets II die Möglichkeit zur Abschiebung erleichtert werden. ARBEITSMIGRATION: Der Entwurf unterscheidet zwischen rein am Arbeitsmarkt orientierter Zuwanderung (Regelverfahren) und zusätzlicher durch ein Punktesystem gesteuerter Zuwanderung von Arbeitskräften. Starre Quoten werden nicht festgelegt. Vielmehr soll es eine "nachfrageorientierte Zuwanderung" Arbeitgebern ermöglichen, freie Stellen zu besetzen, wenn kein deutscher Bewerber zur Verfügung steht. Hochqualifizierten wie Informatikern kann von Anfang an ein Daueraufenthalt gewährt werden. Auf längere Sicht können weitere Zuwanderer per Auswahlverfahren aufgenommen werden. Kriterien dafür sollen beruflicher Stand, Alter, Qualifikation, Sprachkenntnisse und Beziehungen zu Deutschland sein. Sonderregeln gelten zudem für ausländische Studienabsolventen in Deutschland. FAMILIENNACHZUG: Bei nachträglichem Zuzug von Kindern wird das bisherige Alter von 16 auf 14 Jahre herabgesetzt. Schily hatte zunächst einen Grenzwert von zwölf Jahren vorgesehen; die Grünen wollten 18 Jahre durchsetzen. Bei deutschen Sprachkenntnissen sind auch über das 14. Lebensjahr hinaus künftig Ermessensentscheidungen möglich. Für Hochqualifizierte gilt zudem eine großzügigere Regelung: Bei ihnen liegt das Nachzugsalter für Kinder bei 18 Jahren. Generell bis zum 18. Lebensjahr können Kinder auch mitziehen, wenn sie direkt im Familienverband einreisen. ASYL: Anerkannte Asylbewerber und solche, die ein so genanntes kleines Asyl auf der Grundlage des Ausländer- und nicht des Grundgesetzes haben, bekommen zunächst eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis. Beide Gruppen können arbeiten. Bevor sie dauerhaft bleiben dürfen, wird nach drei Jahren geprüft, ob sich die Situation im Herkunftsland geändert hat. Wer ausreisen muss, egal ob Asylbewerber oder nicht, kann verpflichtet werden, in einem speziellen Ausreisezentrum zu wohnen. NICHT-STAATLICHE und GESCHLECHTSSPEZIFISCHE VERFOLGUNG: Sie wird zwar nicht in das Grundrecht auf Asyl aufgenommen; die Betroffenen erhalten aber anders als von Schily zunächst geplant grundsätzlich eine Aufenthaltserlaubnis. Zwar wurden sie - etwa verfolgte Frauen aus Afghanistan - in der Praxis auch bisher meist nicht abgeschoben; künftig sollen sie aber einen gesicherten Rechtsstatus in Deutschland bekommen. Grundsätzlich werden nicht-staatliche oder geschlechtsspezifische Verfolgung aber nur anerkannt, wenn der jeweilige Staat seinen Bürger nicht ausreichend schützen kann. INTEGRATION: Ein bundesweites Integrationsprogramm soll Sprachkurse und Einführung in deutsche Geschichte, Kultur und Recht beinhalten. Die Kosten sollen zwischen Bund und Ländern geteilt werden. Dauerhaft in Deutschland lebende Ausländer sollen Anspruch auf die Teilnahme am Programm haben. Bei einem Aufenthalt von weniger als sechs Jahren und fehlenden Deutschkenntnissen ist die Teilnahme Pflicht. Sie kann aber auch die Frist für eine Einbürgerung verkürzen. LEISTUNGEN FÜR ASYLBEWERBER: Asylbewerber, aber auch andere Flüchtlinge bekommen Geld vom Staat - allerdings weniger als das Bundessozialhilfegesetz vorsieht. Wenn sie binnen drei Jahren nicht abgeschoben wurden, wird diese Beschränkung aufgehoben und der volle Sozialhilfesatz, der durchschnittlich bei rund 560 Mark (286 Euro/3.940 S) liegt, gezahlt. Dies gilt aber künftig nicht mehr, wenn der Aufenthalt unter Missbrauch des Rechts verlängert wurde. Dafür sollen anerkannte humanitäre Flüchtlinge in Zukunft von Anfang an den vollen Satz erhalten.(APA)