Wirtschaft
Ifo-Chef Sinn kritisiert EZB
... und fordert Steuerreform
Berlin - Die deutsche Wirtschaft ist nach Auffassung
des Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, in den
vergangenen Wochen der Rezession noch näher gerückt. Nachdem die
ersten Wirtschaftsdaten nach den Anschlägen in den USA vorlägen,
müsse man sagen: "Inzwischen ist die Gefahr (einer Rezession) eher
noch größer geworden", schrieb Sinn in einem Beitrag für das
Handelsblatt (Montagsausgabe).
"Da inzwischen das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ganz
eindeutig durch einen Nachfragemangel gestört ist, sollten die
Regierungen des Bundes und der Länder von den im Gesetz vorgesehenen
Maßnahmen zur Nachfragebelebung Gebrauch machen." Zugleich
kritisierte Sinn massiv, das die Europäische Zentralbank die Zinsen
zuletzt nicht gesenkt habe.
Vor allem Industrie udn Bauwirtschaft von schlechter Konjunktur betroffen
"Die schlechten Nachrichten zeugen von einem Gewitter, das sich
zusammenbraut", schrieb Sinn. Der Silberstreif am Horizont der
Wirtschaftsentwicklung, den man kürzlich noch zu sehen glaubte, sei
endgültig vertrieben. Besonders stark betroffen von der Eintrübung
seien die Industrie und die Bauwirtschaft, die erst im Jahr 2003 das
Ende ihres Schrumpfungsprozesses erleben werde.
"Die Anzeichen für eine drohende Rezession haben sich so deutlich
verstärkt, dass die Politik zu energischem Handeln aufgerufen ist",
schrieb Sinn. Auch wenn die deutsche Defizitquoten in den Haushalten
für 2001 und 2002 höher als zunächst geplant ausfallen würden, seien
weitere Maßnahmen nötig.
Sinn erneuerte die Forderung der Wirtschaftsforschungsinstitute,
die nächste Stufe der Steuerreform vorzuziehen. Das würde das
Budgetdefizit im Staatshaushalt für 2002 zwar um 0,3 Prozentpunkte
erhöhen, aber einen Wachstumsschub von etwa 0,5 Prozentpunkten
bringen. Da zudem das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gestört
sei, hätten Bund und Länder den Raum, die Nachfrage zusätzlich zu
beleben, etwa durch eine Investitionsprämie von 7,5 Prozent für
private Investoren und Gemeinden. Die Einkommenssteuer sollte um bis
zu zehn Prozentpunkte zurückgenommen werden. (APA)