Wien - Pino Arlacchi, Chef der Wiener UNO, dessen Abgang für Mitte 2002, nur vier Monate nach Beginn seiner zweiten Amtszeit, vorgesehen ist, kommt nicht zur Ruhe. Der Chef des UNO-Kontrollorgans OIOS (Office for Internal Oversight Services), Deleep Nair, sprach in einem Pressegespräch in New York von einem "System der Willkür und Unvorhersagbarkeit ohne Verantwortung", das in der Wiener UNO unter Arlacchi geherrscht habe. In einem jetzt ins Internet gestellten OIOS-Bericht an die UNO-Generalversammlung vom September werden die Vorwürfe der UNO-Kontrollore gegen das "schlechte Management" (des Drogen-und Verbrechensbekämpfungsprogramms ODCCP), das "die Erfüllung der Aufgaben und die ordentliche Durchführung einiger Projekte in Mitleidenschaft gezogen hatte", wiederholt. Immer noch ausständig ist jedoch der Bericht über das so genannte "Boot-Projekt", dessen Veröffentlichung UNO-Generalsekretär Kofi Annan bei seinem Aufenthalt in Österreich im August auf Anfrage des S TANDARD in Aussicht gestellt hatte. UNO-Sprecher Manuel De Almeida De Silva teilt dem S TANDARD aus New York telefonisch mit, dass Annan in Salzburg lediglich gesagt habe, "normalerweise" werde ein OIOS-Bericht veröffentlicht. Die Entscheidung über den betreffenden Bericht (der sich mit einem Segelprojekt Arlacchis für die Drogenbehörde befasst, das nie verwirklicht wurde, für das jedoch Zehntausende Dollar ausgegeben wurden) sei noch nicht gefallen. Ausständiger Bericht Problematisch erscheint bei Nichtveröffentlichung des Berichts, dass Arlacchi selbst - zuletzt in einem Brief an die Washington Times - behauptet, er werde in diesem völlig reingewaschen. Diese Behauptungen sind nicht nachprüfbar, andererseits sind die Gründe für die Zurückhaltung des Berichts dann umso unverständlicher. In Wien selbst geht es jetzt um die von New York verlangten Änderungen; ein Bericht Arlacchis an New York über diesbezügliche Fortschritte, von dem sich die Belegschaft der Wiener UNO mit dem Vorwurf von "Manipulation" scharf distanziert hatte, wurde von OIOS-Chef Nair eher ungnädig aufgenommen. Insider sprechen von einer weitgehenden Lähmung in Wien, seit Arlacchis Vize Francis Maertens zurückgetreten ist. Der "Staff Council" (Personalvertretung) hat Arlacchi in einem Schreiben Ende Oktober aufgefordert, keine Personalveränderungen ohne Absprache mehr vorzunehmen. Und es gibt neue Gerüchte um die Nachbesetzung von Arlacchis Job: Großbritannien soll den aus dem Iran stammenden Drogenexperten Hamid Ghodse nominiert haben, das Drogenkontrollprogramm für zumindest eine Amtszeit zu übernehmen. Ghodse ist Präsident des UNO-Drogenkontrollrats INCB (International Narcotics Control Board) und als Fachmann unumstritten. Angeblich wird er auch von den USA unterstützt, was ein starkes politisches Zeichen gegenüber Iran wäre. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, Printausgabe 5.11.2001)