Wien - Ein Jahr nach der UMTS-Auktion in Österreich, der Versteigerung der Lizenzen für den neuen Mobilfunkstandard Universal Mobile Telecommunication System, herrscht bei den sechs Unternehmen, die damals mitgeboten haben, alles andere als freudige Aufbruchstimmung. "Alle haben sich mit den Zeitplänen verschätzt", sagt Harald Lakatha vom Beratungsunternehmen Mummert + Partner. Eine vernünftige Marktpräsenz, meint er, wird nicht vor 2003, wenn nicht gar erst 2004 erreichbar sein. Da aber alle Interessenten auf dem Kapitalmarkt hohe Mittel zur Finanzierung der UMTS-Lizenzen aufgenommen haben, für die sie jetzt Zinsen zu zahlen haben, treffe sie jede Zeitverzögerung hart. Die ursprünglichen Businesspläne waren von 2002 ausgegangen. Erschwerend kommt dazu, dass "die Industrie offensichtlich nicht in der Lage ist, eine ausreichende Zahl von softwaremäßig stabilen Endgeräten rechtzeitig auf den Markt zu bringen", wie der Telekomexperte des Beratungsunternehmens Arthur D. Little, Georg Serentschy, anmerkt. In ganz Europa würden 60 Lizenznehmer etwa zur gleichen Zeit ihre Netze in Betrieb nehmen wollen. "Die werden Handsets für ihr Branding brauchen." Auch bei den Anwendungen gibt es Probleme. Kommende Applikationen müssten mehr bieten als bereits bestehende WAP-Dienste auf herkömmlicher GSM-Technik, meint Serentschy. "Sonst werden sich die Prognosen über den durchschnittlichen Umsatz, der pro Kunde zu erzielen ist, nicht erfüllen." Nach deutschen Schätzungen muss davon ausgegangen werden, dass der UMTS-Kunde mindestens das Doppelte von dem ausgibt, was er heute monatlich für seine Handyrechnung hinlegt. Und noch ein möglicher Zeitverzögerer kommt mit ins Spiel: Die von anderen Telcos gepushten Technologien Wireless Lan und Bluetooth, die in begrenzten Örtlichkeiten kabellos Daten übertragen, könnten sich zu einer direkten Konkurrenz für UMTS-Betreiber entwickeln. Und zwar vor allem für diejenigen UMTS-Anbieter, die aufgrund der schwierigen Kapitalmarktsituation darauf setzen, ihre Dienste nicht flächendeckend, sondern nur in so genannten Hot Spots (Einkaufszentren, Flughäfen etc.) vor allem für den zahlungskräftigen Geschäftskunden anzubieten. Trotzdem wird UMTS kommen, da sind sich die Experten einig. Der Netzausbau wird mit Hochdruck betrieben. Dies schon allein deshalb, weil das auf 900 und 1800 MHz (Mega-hertz) basierende GSM-Netz voll belegt ist und in manchen Teilen Europas Deportationen in das UMTS-Netz, das sich im 2,1-Gigahertz-Bereich bewegt, angegangen werden. Auch gibt es Frequenzbelegungspläne, die davon ausgehen, dass das GSM-Band längerfristig - also in zehn Jahren - für etwas anderes verwendet wird. Angesichts des komplexen, sehr schwierigen Umfeldes sei die Euphorie in Österreich vor einem Jahr, für die Lizenzen relativ wenig gezahlt zu haben, verfrüht gewesen, meint Serentschy. "Wir haben zwar nur rund 85 EURO pro Kopf gezahlt, im Vergleich zu über 600 in Deutschland und England. Aber auch das gehört finanziert." (Johanna Ruzicka, DerStandard, Printausgabe, 2.11.2001)