Wien - Bringt die Globalisierung auch den Ländern der Dritten Welt einen - bescheidenen - Teil am wachsenden Wohlstand, oder ist sie eher ein effizientes Instrument großer Konzerne, um eben die ärmsten Länder auszubeuten? Unter diesem Motto stand am vergangenen Mittwoch eine Diskussion, die von Industriellenvereinigung und STANDARD gemeinsam veranstaltet wurde. Den Rahmen bildete die Verleihung des Schumpeter-Preises für innovative Leistungen in der Wirtschaft an Peter Brabeck-Letmathe, Vorstandsvorsitzender des größten Nahrungsmittelkonzerns der Welt, Nestlé. Der Preisträger selbst sah in der stetigen Mehrung und "Optimierung" von Gewinnen die Antwort: "Die Lösung der Globalisierungsprobleme ist: einfach mehr Globalisierung", meinte Brabeck-Letmathe. Er wies auf Untersuchungen der Weltbank und der UNO hin, denen zufolge die Globalisierung vor allem den Ärmsten viel gebracht hätte. In den letzte zehn Jahren sei die Gruppe der Menschen, die jährlich über 6000 Dollar verdienten, um fast eine Milliarde gewachsen. Karin Küblböck, Vorsitzende der Vereinigung attac (attac setzt sich etwa für Reglementierungen von Handels- und Finanzströmen ein) meinte, vor allem die Konzerne profitierten von der Globalisierung: "Durch den freien Finanzverkehr können global agierende Konzerne ihre Gewinne dort verbuchen, wo sie am wenigsten Steuer zahlen, also über Holdings in Steueroasen." Maria Kubitschek, Abteilungsleiterin Wirtschaft der Arbeiterkammer, kritisierte den "eklatanten Mangel" an politischer Gestaltung im Globalisierungsprozess. Verlierer wären die ärmsten Länder, die Durchlässigkeit der Wertschöpfungsketten bringe eben für die Allgemeinheit unangenehme Verlagerungen mit sich. Die Politik werde unterschätzt, konterte der Wirtschaftshistoriker Dieter F. Stiefel. Immerhin sei die EU-Integration eine Geschichte der Liberalisierung und politisch genau so gewollt. Im Übrigen ständen übernationalen Konzernen nationale Regierungen und Staaten gegenüber, was die Lenkung erschwere. Industriellen- Präsident Peter Mitterbauer meinte, die Zeit, in der "Unternehmen geglaubt haben, vom sozialen Umfeld abgehoben agieren zu können, sind bereits vorbei". (mimo, DerStandard, Printausgabe, 2.11.2001)