Der Name Spiritualized galt Jason Pierce, nicht erst seitdem er hinter diesem als Solokünstler erfolgreich ist, als Programm. Bereits als zweite Hälfte der Spacemen 3, die in den 80er-Jahren Velvet Underground auf ihre zeitgemäße Tauglichkeit unter besonderer Berücksichtigung der Drogenentwicklung jener Tage überprüften, spielte Spiritualität eine wesentliche Rolle. Einmal in einem bewußtseinsverändernden und dann in einem religiös-spirituellen Sinn. Auch wenn die Interpretation der Heilslehre des Erlösers bei Jason Pierce und Sonic Boom etwas salopp ausfiel. Während nach dem Split von Spacemen 3 Sonic Boom in die experimentelle Ecke abtauchte, um die Fachpresse als Spectrum oder Experimental Audio Research zu beschäftigen, wandte sich Pierce verhältnismäßig traditionellem Rock zu, der unter dem Einfluss seiner persönlichen Geschichte (Lucy in the Sky with Diamonds!) jedoch etwas "anders" ausfiel - wie sein jüngstes Werk wieder beweist. Galt früher Floating In Space , fordert der Brite heute Let It Come Down und verleiht diesem Wunsch mit einem hundert-köpfigen Orchester samt Gospelchor Nachdruck. Das Resultat ist pompös, ohne aufgeblasen zu wirken. Immer gültige Beach-Boys-Melodien werden an turmhohe, an Phil Spector erinnernde Arrangements gelehnt, während Pierce mit schlichtem Organ und räudig gedroschener Gitarre den außenstehenden Bezugspunkt markiert. The Jesus and Mary Chain erleben eine Reinkarnation im Zeichen eines genialischen Größenwahns. Bei aller Let It Come Down -Predigt, der Prophet steht immer noch hoch am Berg, den Kopf in den Wolken: möglicherweise ein Meisterwerk. der Standard/rondo/2/11/01