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La Jolla/Wien - "Anthrax könnte von einer Waffe des Bioterrorismus zum Mittel der Tumortherapie werden", berichtet Robert Schwarzenbacher, Salzburger Molekularbiologe, der am Burnham Institute (La Jolla) an der Entschlüsselung des Giftes arbeitet. Es wird vom Bakterium Bacillus anthracis produziert, dessen Sporen über die Luft in den Körper gelangen, heranreifen und zunächst nicht auffallen. Nach einem bis drei Tagen attackieren die Bakterien, meist tödlich, weil dann Antibiotika nicht mehr helfen. Deshalb sucht Schwarzenbacher nach "zusätzlichem therapeutischen Schutz". Der soll sich in der Struktur des Giftes finden, das aus drei Proteinen besteht. Eines (PA) bindet an die Zellmembran und benützt ein zelleigenes Enzym (Furin), um sich festzusetzen und die beiden anderen (EF, LF) in die Zelle einzuschleusen. Die Kenntnis dieser Proteine kann man zur Entwicklung von Medikamenten nutzen: "Wir arbeiten an LF, dem eigentlichen Killerprotein", erklärt Schwarzenbacher, "und damit Hauptangriffspunkt für Inhibitoren", die das Eindringen des Gifts in Zellen verhindern sollen. Erste Kandidaten sind im Test. Aber Anthrax soll nicht nur abgewehrt werden, seine Angriffsweise ist so exakt erforscht, dass man sie nutzen will: US-Forscher experimentieren damit, PA so umzuprogrammieren, dass es an Zellmembranen nicht mit Furin zusammenspielt, sondern mit tumorspezifischen Enzymen. Dieses Anthrax wäre dann nur für Tumorzellen tödlich. Allerdings lesen nicht nur Wohlmeinende Fachpublikationen über Struktur und Manipulierbarkeit von Anthrax. "Wie jede Information kann auch diese missbraucht werden", konzediert Schwarzenbacher, "aber die Biowaffenproduzenten brauchen sie gar nicht. Sie haben in Anthrax ohnehin einen nahezu perfekten Killer. Das Gegenmittel zu finden ist das Problem und braucht die Anstrengung vieler Forscher. Und die brauchen die freie Zugänglichkeit aller Informationen." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. 9. 2001)