London - Einst hat Fay Weldon Männer gehasst und darüber so bissig geschrieben,
dass sie sich den Ruf der meistgelesenen Feministin Großbritanniens erwarb. Sie
warf die "Eierhandgranaten der weiblichen Emanzipation". Es war die Zeit, als ihr
eigener Mann nach 30 Jahren Ehe mit seiner New Age-Therapeutin durchgebrannt
war. Inzwischen hat sie einen neuen Partner - 15 Jahre jünger - und hält Männer für
das unterdrückte Geschlecht. Leider verkauft sich das nicht so gut, so dass die
einstige Bestsellerautorin zu ihrem 70. Geburtstag am Samstag neue
Verdienstquellen erschließen muss.
Idealer Talkshow-Gast
Fay Weldon ist ein idealer Talkshow-Gast. Sie hat zu allem eine Meinung und findet es
"schön, danach gefragt zu werden". Man muss allerdings aufpassen, weil sie öfters
die Seiten wechselt. 1997 feierte sie Tony Blair als den Retter der Nation, jetzt glaubt
sie, dass er Großbritannien an die EU verkaufen will. Und während sie früher im
Karteikasten der britischen Talkshow-Redaktionen unter "F" wie "Feministin"
einsortiert war, dürfte ihr Name nunmehr unter "M" wie "Männerfreundin" zu finden
sein.
"Die Teufelin"
Manche sagen, es liege daran, dass bei ihr gegenüber in Londons Nobelviertel
Hampstead ein Spice-Girl eingezogen ist: So viel Frauenpower sei einfach nicht
auszuhalten. Der früher ebenfalls in Hampstead wohnhafte Sigmund Freud dagegen
hätte wohl alles auf einen großen Schuldkomplex zurückgeführt. Denn als ihr der
Ehemann entlief, rächte sich Weldon auf eine Art, die ihrer berühmtesten
Romangestalt alle Ehre gemacht hätte: "Die Teufelin" (verfilmt mit Meryl Streep) bringt
ihren Mann am Ende ins Kittchen, Weldon machte ihn als Widerling zur Hauptperson
ihres nächsten Romans.
"Vier starke Frauen"
Im wahren Leben ging das Drama so aus, dass der Gatte am Tag ihrer Scheidung von
einem Herzinfarkt dahingerafft wurde. Seitdem versteht sie ihn viel besser: "Er hat zu
wenig Beachtung bekommen. Immer stand ich im Vordergrund." Prompt folgte eine
literarische Abrechnung mit der Frauenbewegung, der Roman "Vier starke Frauen". In
Talkshows warnt sie nun: "Männer beginnen sich allmählich als Bürger zweiter Klasse
zu fühlen."
Literatur-Sponsering
Das ist leider nicht gerade verkaufsfördernd. Deshalb hat Weldon in diesem Jahr das
Literatur-Sponsering erfunden. Für ihren neuen Roman zahlt ihr der italienische
Juwelier Bulgari einen Geldbetrag in nicht bekannter Höhe, damit sie seine Produkte
mindestens zwölf Mal erwähnt. Weldon ist großzügig über ihre vertragliche
Verpflichtung hinausgegangen und hat den Firmennamen gleich noch wesentlich öfter
untergebracht, sogar im Titel: "The Bulgari Connection". Deutschsprachige Leser
müssen sich einstweilen mit einem noch ganz konventionell finanzierten Titel
bescheiden: "Miss Felicitys kleine Geheimnisse" ist vor wenigen Tagen bei Hoffmann
und Campe erschienen. (APA/red)