Stefanitag 1948, Belfast. Im dicht besetzten Windsor Park läuft das große Stadtderby Linfield gegen Belfast Celtic. Man kann die Rivalität der beiden Teams durchaus mit der großen Glasgower Old Firm vergleichen. Das Spiel verläuft weitgehend ergeignislos bis Jimmy Jones, bulliger Mittelstürmer von Celtic, mit dem Linfield-Spieler Bob Bryson zusammenkracht. Bryson windet sich vor Schmerzen und muss das Feld auf der Tragbahre verlassen. Später kommt die Durchsage, Bryson hätte sich den Knöchel gebrochen. Von den Rängen ist ärgerliches Gesumme zu vernehmen, die steigende Spannung ist mit Händen zu greifen. Am Spielstand von 1:1 ändert sich nichts mehr. Schlusspfiff. Und da bricht die Gewalt los: Linfield-Anhänger stürmen auf den Rasen und verprügeln die Celtic-Spieler. Besonders schlimm erwischt es Jones, der vom Mob auf die Tribüne gezerrt wird und einen Beinbruch erleidet.

Saison 1948/49: Das letzte Team von Belfast Celtic

Dieser Tag sollte das Ende für Belfast Celtic bedeuten. Der zu dieser Zeit erfolgreichste Klub Nordirlands, regierender Meister und bis zur kriegsbedingten Unterbrechung des Ligabetriebs von 1936 bis 1940 ununterbrochen Titelträger, zog sich ein Jahr später aus der Liga zurück. Für das nordirische Spiel insgesamt ein Ereignis mit fatalen Konsequenzen. Einer der zugkräftigsten Klubs des Landes war verschwunden, Linfield und Glentoran verloren ihren wichtigsten Widerpart.

Celtic entstand 1891 aus dem Zusammenschluss dreier kleiner Vereine aus dem katholischen West-Belfast an der Falls Road. Vorbild war der große Bruder aus Glasgow, der bloß drei Jahre älter war. Die gegenseitige Verbundenheit bezeugte nicht nur das identische, grün-weiße Ringelleibchen. Man erhielt auch finanzielle Unterstützung aus Schottland.

Im "Paradies"

Der Verein wurde für die katholischen Arbeiter aus den Falls rasch zum identitätsstiftenden Symbol: "Before Belfast Celtic we had nothing. With Belfast Celtic we had everything." Bereits 1900 wurde der Verein eine Limited Company und verkaufte Aktien zum Preis von einem Pfund das Stück. 3000 Pfund konnten durch die Aktion aufgebracht werden - in jener Epoche eine durchaus bemerkenswerte Summe. Das Stadion, der Celtic Park in West Belfast, wird von den Menschen liebevoll "Paradise" genannt. 1983 wurde die Jahrzehnte lang für Windhundrennen genutzte Arena geschleift, heute steht an ihrer Stelle ein Einkaufszentrum. Viele alte Anhänger weigern sich, es zu betreten.

Paradise fasste 50.000 Zuschauer und war das größte Stadion Irlands

Celtic verabschiedete sich im übrigen mit einem Paukenschlag: Im Mai 1949, zwei Tage nachdem man in der Meisterschaft durch Crusaders Belfast ersetzt wurde, gelang ein sensationeller 2:0-Sieg über das schottische Wunderteam, damals britischer Meister. Gerüchte über eine mögliche Rückkehr des Klubs sind nie völlig verstummt, einen wirklich handfesten Plan hat es bisher jedoch nicht gegeben. Die zu vorsichtigem Optimismus Anlass gebenden aktuellen politischen Entwicklungen in Nordirland machen allerdings so manchem neue Hoffnung. (Michael Robausch)