Dass neun der 21 heimischen Europaparlamentarier die Veröffentlichung ihrer Einkünfte im Internet verweigert haben, verwundert nicht. Grenzt doch hierzulande die Bekanntgabe der Einkommensverhältnisse an ein Geständnis im Strafverfahren. Dafür haben die Spekulanten Hochkonjunktur, und als Politiker ist man gut beraten, stets auf der Hut zu sein, um nicht einen Fehltritt im komplizierten Offenlegungssystem zu setzen. Denn wehe, das wird bekannt. Sofort ist der Skandal perfekt, und die Kraft der öffentlichen Empörung reicht meist so weit, dass dem komplexen Reglement noch ein weiteres Detail hinzugefügt wird. Bis zum nächsten Skandal.
Wobei es niemanden stört, dass dieser Diskurs unter dem Prätext einer Doppelmoral geführt wird: Verdächtig sind nur Bezüge aus "öffentlichen" Bereichen, was immer darunter zu verstehen ist. Weit weniger anrüchig sind offenkundig Einkommen und Vermögen von Politikern dann, wenn sie aus so genannten privaten Tätigkeiten stammen. Warum eigentlich? Ist es nicht so, dass sich Politiker, gerade wenn sie privatwirtschaftlich tätig sind, besondere Vorteile verschaffen könnten? Oft genügt ein kleiner Informationsvorsprung, der zur Mehrung von Besitz und persönlichem Wohlstand führt. Dass Politiker über diesen verfügen, ist anzunehmen, er gehört geradezu zur Jobbeschreibung. Es spricht daher alles dafür, dass politisch Tätige regelmäßig ihr Einkommen und ihren Vermögensstand offen legen müssen. Nicht um die ohnedies ausgeprägten Neidkomplexe der österreichischen Gesellschaft weiter zu schüren, sondern um faire Beurteilungsmaßstäbe für alle Volksvertreter zu schaffen. Und vielleicht wird letztendlich die heimische Neidgenossenschaft dann so reduziert, dass niemand mehr etwas dabei findet, wenn alle Einkommenssteuererklärungen öffentlich einsichtig sind. In anderen europäischen Ländern ist Transparenz für alle längst selbstverständlich.