Washington - Mindestens ein Drittel jener embryonalen Stammzellen, die US-Präsident George W. Bush für die öffentlich geförderte Forschung freigeben will, existiert überhaupt (noch) nicht. Bush hatte jene Zelllinien genannt, die bis zum Tag seiner Rede - 9. August 2001 - weltweit existierten: 64 insgesamt. In einer Eilaktion hatte die Gesundheitsbehörde NIH sie bei zehn Universitäten und Privatfirmen auf vier Kontinenten aufgespürt. Beim Spitzenreiter auf der Liste, der Universität Göteborg, ist man "ein wenig überrascht, dass das NIH uns 19 Zelllinien zuspricht", erklärte einer der Forscher gegenüber der Washington Post: Man hat nur drei etablierte Linien, alle anderen sind in so frühen Stadien, dass niemand weiß, ob es überhaupt Stammzellen sind. Ähnlich beim Reliance Life Center, einer Privatfirma in Indien, die mit sieben Linien auf der Liste steht, aber keine von ihnen fertig hat. Und auch bei wirklich etablierten Zelllinien ist völlig offen, wie sie der Universitätsforschung zugänglich gemacht werden sollen. Viele gehören Privatfirmen, um andere toben Patentrechtskriege. Die werden sich verschärfen, weil Linien außerhalb der USA nach einem Verfahren hergestellt wurden, das in den USA patentiert ist. Bei der Einfuhr dieser Zellen würden auch sie dem US-Patentrecht unterliegen. Das NIH soll in einer neuen Eilaktion die Zugänglichkeit sicherstellen. (jl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30. 8. 2001)