Wien - Bundeskanzler ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel sieht in der ÖGB-Urabstimmung ein "Ablenkungsmanöver" der Gewerkschaft von den eigenen Schwierigkeiten. Nicht Fragen seien wichtig, sondern Antworten - und die gebe die Regierung. Er mache sich Sorgen um das sozialpartnerschaftliche Miteinander, betonte Schüssel im ORF-Radio-"Morgenjournal" am Mittwoch. Der Politikwissenschafter Fritz Plasser sprach von einer vergebenen Chance - er sehe wichtigere Fragen als jene, die der ÖGB seinen Mitgliedern im Herbst stellen wird. "Wichtiger Schritt vorwärts" Die Offenlegung der Einkommen der ÖGB-Führung sei ein wichtiger Schritt vorwärts gewesen, den die Politik schon hinter sich habe, sagte Schüssel. Betriebsräte und Funktionäre der Sozialpartner sollen "vernünftig" entlohnt werden, ihre Bezüge aber nicht geheim halten. Die Bundesregierung, so Schüssel, sei an einem "Miteinander in Sachthemen" interessiert, es sei daher nicht klug, wenn sich die Gewerkschaft ins "Schlepptau" der sozialistischen Opposition nehmen ließe. Die Frage nach etwaigen Kampfmaßnahmen ist nach Meinung des Kanzlers sehr allgemein formuliert und zeuge nicht gerade von Stärke der ÖGB-Führung. Fragestellung enttäuschend Auch Plasser ist von den Fragestellungen enttäuscht. Der ÖGB hätte eher gewerkschaftsinterne Fragen stellen sollen, etwa nach der Repräsentanz und dem unmittelbaren Vertretungsbedarf für die Mitglieder. Aber, so der Politikwissenschafter, wenn die Abstimmung einen Sinn machte, dann als Gesprächsplattform und Instrumentarium für die ÖGB-Mitglieder, ihren Unmut über die gewerkschaftliche Einkommensaffäre auszudrücken. (APA)