Kunst
"Von den Nazis beraubt"
Die Intervention "Sichergestellt" wurde vom Salzburger Magistrat gestoppt
Salzburg - Aufmerksame Flaneure stoßen dieser Tage an
markanten Orten der Salzburger Innenstadt auf sonderbare
Metallschilder, die etwas Offiziöses haben: In roten Lettern
auf gelbem Grund weist das
Wort "Sichergestellt" darauf
hin, dass die Immobilie oder
das Geschäftslokal, nächst
denen die Tafeln angebracht
sind, während der NS-Zeit
"arisiert" und danach nie restituiert wurde.
Bei genauerer Betrachtung
fällt aber auf, dass die beiden
Wappen auf den Schildern
falsch sind (der Löwe ist nicht
jener des Landes, das Stadttor
besitzt drei statt zwei Türme):
Bei den Tafeln handelt es sich,
wie DER STANDARD am 22. August in einem Teil seiner Ausgabe berichtete, um eine Intervention des Münchner
Künstlers Wolfram Kastner
zusammen mit Martin Krenn
und sechs Studenten der
Sommerakademie Salzburg.
Die Ablehnung der Bevölkerung war abzusehen
Nach sechs montierten Tafeln (z.
B. in der Getreidegasse
20, am Mirabellplatz 6, in der
Linzergasse 53) war aber
Schluss: Das Magistrat Salzburg stoppte die "Sicherstellungen", da es an einer "zivilrechtlichen Genehmigung"
mangle. Bürgermeister Heinz
Schaden (SP) hatte zwar die
Idee der Aufarbeitung "begrüßt", dass die Aktion aber
nicht auf ungeteilte Begeisterung bei der Bevölkerung stoßen würde, war abzusehen: Es
gab bereits mehrere Versuche,
die Tafeln zu entfernen.
Vor einem Modehaus neben
dem Café Tomaselli zum Beispiel ist auf der Rückseite des
Eyecatchers zu lesen: "Am Alten Markt 12 war bis 1938 das
Kaufhaus Schwarz, dessen jüdische Eigentümer von den Nazis und ihren willigen
Helfern beraubt und außer Landes getrieben wurden. Ihnen gehörten auch die Anwesen Kranzlmarkt 4 und Sigmund-Haffner-Gasse 3. Nach
1945 wurde ihr persönliches
Eigentum gar nicht und ihr
wirtschaftliches Eigentum nur
teilweise zurückgegeben. Es
wird hiermit sichergestellt!"
Galerie 5020 ist zur "Rückgabestelle Salzburg" mutiert
Die von Kastners Klasse recherchierten Fakten sind bis
zum 31. August im nüchtern
eingerichteten Headquarter, der zur "Rückgabestelle Salzburg" mutierten Galerie 5020
(just in unmittelbarer Nachbarschaft zur Galerie Welz) zu
studieren. Das engagierte
Team betrachtet seine Arbeit
als "work in progress": Das
Material wird laufend durch
neue Ergebnisse und Berichte
von Zeitzeugen ergänzt.
(Thomas Trenkler/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28. 8. 2001)