Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: Archiv
Alpbach - Das größte Problem Jugoslawiens ist nicht etwa ein fehlender Wille der Bevölkerung zur Demokratie, sondern die Organisierte Kriminalität. Das stellte der jugoslawische Außenminister Goran Svilanovic in einem "Kamingespräch" im Rahmen des diesjährigen Europäischen Forum Alpbach Sonntag Abend fest. "Jugoslawien befindet sich seit dem Sturz des ehemaligen Präsidenten Slobodan Milosevic in einer Phase des Übergangs - diplomatisch ausgedrückt. Undiplomatisch ausgedrückt bedeutet das: Es herrscht im Land ein halb-mafioser Status", sagte Svilanovic in der vom SPÖ-Europaparlamentarier Hannes Swoboda moderierten Diskussionsrunde. "Nach wie vor genießen die Personenkreise, die auch schon unter Milosevic einflussreich waren, enorme Privilegien. So ist es für die Bevölkerung ganz normal, wenn die Tochter des ehemaligen Staatschefs mit massivem Personenschutz und großer Eskorte zum Arzt fährt. Das stört dort kaum jemanden", erzählte der Außenminister. Im Prioritätenkatalog der nunmehr demokratischen Regierung stünden daher die Restrukturierung der Gesetze, der Justiz und des Polizeiapparats an oberster Stelle. Organisierte Kriminalität und Schattenwirtschaft sei aber keineswegs ein nationales, jugoslawisches Problem, sondern betreffe die gesamte Balkanregion. "Daher ist es wichtig, dass wir einen Modus finden, um alle Länder partnerschaftlich zusammenzuführen. Nur in einer Gemeinschaft der Staaten können wir politisch und wirtschaftlich beständige demokratische Strukturen schaffen. Nur dann können wir eine Annäherung an der Europäischen Union oder - langfristig - gar eine Mitgliedschaft erreichen", erklärte Svilanovic. Als Modell für eine solche Gemeinschaft nannte er die nordischen Staaten Europas. "Zur Beruhigung: Wir haben nicht vor, 'en bloc' in die EU einzutreten, doch alleine schaffen wir es auf keinen Fall", sagte der Außenminister. Die EU-Mitgliedschaft sei das oberste Ziel aller Balkanländer. Während die Bevölkerung vor allem an Wohlstand denke ("Manchmal sieht man schon die Euro-Zeichen in den Augen der Menschen", so Svilanovic), stehe für die Regierungspolitiker vor allem die Überlegung im Vordergrund, dass es nur in einem vereinten Europa zu dauerhaftem Frieden kommen kann. Für eine Mitgliedschaft werde daher Jugoslawien alles in Bewegung setzen, auch wenn ihm, Svilanovic, bewusst sei, dass dieser "lange Weg" auch Jahrzehnte dauern kann. (APA)