Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: REUTERS/Herwig Prammer
Wien - Der Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, rechnet mit Neuwahlen im Herbst 2002. Im Gespräch mit dem Standard führte Van der Bellen in erster Linie zu erwartende Unstimmigkeiten bei der Erstellung des Budgets 2003 an: "2002 müssen die Karten auf den Tisch: Gibt es eine Senkung der Lohnsummensteuer, der Lohn- und Einkommenssteuer, gibt es eine aufkommensneutrale Steuerreform oder nicht? Da zeichnet sich überhaupt kein Konsens ab." Die Wirtschaftskammer bestehe "auf 15 Milliarden Schilling Plus bei den Lohnnebenkosten. Grasser hat sein ganzes Prestige mit dem Nulldefizit noch in dieser Periode verbunden, die FPÖ beginnt schon mit populistischen Forderungen: runter mit den Steuern, ohne zu sagen, was auf Ausgabenseite passieren soll. Das ist die Sollbruchstelle der Koalition." Das Ziel der Grünen für die Wahl formuliert Van der Bellen selbstbewusst: "Wir wollen die schwarz-blaue Mehrheit brechen." Für die Grünen hoffe er "auf ein zweistelliges Ergebnis", die SPÖ sollte ihr Potenzial so weit ausschöpfen können, "dass es sich für eine rot-grüne Mehrheit ausgeht". Zwar habe die SPÖ noch andere Optionen, organisatorisch müssten sich die Grünen aber mittelfristig auf die Regierungsbeteiligung vorbereiten: "Da geht es ja nicht um die Verschiebung von 30 Prozentpunkten, sondern um vier bis fünf Prozentpunkte. Wir müssen parallel zur politischen Arbeit den Wahlkampf vorbereiten und schauen, dass wir für die Möglichkeiten danach gerüstet sind. Da kann man ja von den Fehlern der FPÖ viel lernen, aber auch von jenen der deutschen Grünen." Deren Fehler wie mangelnde Kommunikation zwischen den Parlamentsklubs, Ministern und Partei wollen die Grünen auf jeden Fall vermeiden und eines jetzt schon klarstellen: "Beschlüsse aus der Vergangenheit müssen auch von uns vollzogen werden, ob uns das passt oder nicht." Zur aktuellen Debatte um die Gewerkschaft sagte Van der Bellen, das Verhalten der Betriebsräte von Telekom und Post "ist nicht das, was ich mir als Modell für die Zukunft der Vertretung von Arbeitnehmerinteressen vorstelle. Es muss eine klare, eindeutige, kräftige Arbeitnehmervertretung geben. Das kann nur funktionieren, wenn sich der ÖGB sich mehr als bisher von den Parteien emanzipiert." Konkreter äußerte sich dazu Van der Bellens Parteifreund Peter Pilz: "Es ist unvereinbar, wenn der Spitzenfunktionär einer Interessenvertretung im Parlament sitzt." Zwar könne man kein gesetzliches Verbot einführen, weil es sich beim ÖGB um einen privaten Verein handle: "Aber es wäre ein politischer Grundsatz, der von allen respektiert und vereinbart werden sollte." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25./26.8.2001)